31. Mai 2015

"Freund Sansibar"

"Freund Sansibar" - so lautet der Titel eines Romans der allseits bekannten und beliebten antisemitischen Heimatdichterin Kuni Tremel-Eggert. Nach der Dichterin wurde sogar eine Straße in Burgkunstadt benannt; nicht auf Druck der Nachkommen hin, wie in Coburg bei der Max-Brose-Straße, sondern völlig ohne finanziellen Hintergrund, nur weil man halt so Stolz ist, die Geburtsstadt einer Dichterin zu sein.

Blöd nur, dass die Dichterin eine ausgewiesene Antisemitin und Nationalsozialistin war. Im "Freund Sansibar" vergleicht Kuni Tremel-Eggert das Judentum mit "einer Eiterbeule im Volkskörper, aus der quillt alles Unglück, alles Elend, aller Jammer, Not und Krieg". Wer mehr dazu wissen will, dem kann ich einen Artikel der Süddeutschen Zeitung zum 50. Todestag der Dichterin empfehlen.

Ist es nicht langsam Zeit, dass Burgkunstadt 70 Jahre nach Kriegsende endlich die Relikte der braunen Vergangenheit tilgt? Die Kuni-Tremel-Eggert-Straße muss umbenannt werden. Ebenso muss die nationalsozialistische Symbolik an der Grundschule entfernt werden (siehe hier). Coburg ist in Sachen Straßennamen nicht unbedingt ein Vorbild.

24. Mai 2015

Existenzgefährdenter Mindestlohn?

Ein Aufschrei ging durch unser Land, wegen des Mindestlohns. Nicht unbedingt wegen des Mindestlohns an sich (man will sich ja als guter Arbeitgeber keine soziale Blöße geben), sondern wegen des damit verbundenen bürokratischen Aufwands. Worin liegt nun dieser existenzgefährdente Aufwand? Bemühen wir dazu das Mindestlohngesetz (MiLoG). Art. 17 Abs. 1 MiLoG sagt dazu:

"Ein Arbeitgeber, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 8 Absatz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch oder in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen beschäftigt, ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre beginnend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt aufzubewahren. Satz 1 gilt entsprechend für einen Entleiher, dem ein Verleiher eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung in einem der in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftszweige überlässt. Satz 1 gilt nicht für Beschäftigungsverhältnisse nach § 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch."

Kurz zusammengefasst: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Beginn, Dauer und Ende der täglichen Arbeitszeit aufzuzeichnen. Er muss das, was eigentlich selbstverständlich sein sollte, zeitnah tun und die Aufzeichnungen zwei Jahre lang aufheben.

In der guten alten Zeit gab es für die Zeiterfassung Stempelkarten, mittlerweile gibt es elektronische Zeiterfassungssysteme für wenig Geld. Wem das alles zuviel ist, der kann auch eine Liste auslegen, in die die Arbeitnehmer Beginn und Ende der Arbeitszeit selbst eintragen. Das nennt man Vertrauensarbeitszeit. Wenn ich natürlich jahrelang daran gewöhnt war, meine Arbeitnehmer zu bescheißen, werde ich das umgekehrt auch von ihnen erwarten. Dann muss ich tatsächlich ein lückenloses Überwachungssystem einführen, egal, was es kostet, damit mir keine Arbeitsminute verloren geht.

20. Mai 2015

Erst informieren, dann Resolutionen verabschieden

Der burgkunstadter Stadtrat hat eine Resolution verabschiedet, in der die EU-Kommission aufgefordert wird, über den TTIP-Verhandlungsprozess regelmäßig zu berichten. Dazu kann ich nur sagen: Lesen bildet. Liebe Stadträte, hier gibt's die TTIP-Dokumente zum nachlesen, allerdings auf Englisch.

Ich frage mich sowieso, warum der Stadtrat eine TTIP-Resolution verabschieden muss. Die meisten der im Stadtrat vertretenen Parteien sind auch im Bundestag und im EU-Parlament vertreten. Warum reden die Stadträte nicht mit ihren Abgeordneten? Sind die Abgeordneten alle Pfeifen?

Der Stadtrat fordert in der Resolution, dass die kommunale Daseinsvorsorge von TTIP ausgenommen werden solle. Warum eigentlich? Blödsinnige Entscheidungen können Kommunen auch ohne TTIP treffen. In der Vergangenheit gab es Schlauberger, die Teile ihrer kommunalen Infrastruktur ohne Not an ausländische Investoren verkauft haben (ich meine, es waren auch amerikanische darunter), und sie anschließend wieder teuer geleast haben. Niemand zwingt eine Kommune, ihre Einrichtungen zu verkaufen, auch TTIP nicht.

Warum keine Deckenstrahlheizung für die Obermainhalle?

Landkreis will tiefer in die Tasche greifen lautete eine Überschrift im Obermain-Tagblatt. Die Zeitung berichtete über die Mehrkosten, die auf den Landkreis Lichtenfels bei der Sanierung der Obermainhalle in Burgkunstadt zukommen, weil der Bezirk einige Sanierungsmaßnahmen nicht fördern will. Diese Maßnahmen sind für den Schulsport nicht notwendig. Ich finde es schön, dass der Kreis die Maßnahmen durchführt, weil damit der Vereinssport gefördert wird.

Zwei Teilmaßnahmen halte ich aber für sinnlos. Anstatt der Deckenstrahlheizung sollen Profilheizkörper eingebaut werden. Sie sind angeblich billiger, aber der Landkreis muss deshalb 14.700 € mehr bezahlen. Warum bleibt man dann nicht bei den Deckenstrahlern? Deckenstrahler haben bei der Beheizung von Hallen erhebliche Vorteile:

  • Die Raumtemperatur kann gegenüber konventioneller Beheizung um 3° bis 5° abgesenkt werden.
  • Der Energieverbrauch ist bis zu 30 % niedriger.
  • Die Aufheizzeit ist kürzer.
  • Es können auch nur Teilflächen beheizt werden.
Profilheizkörper beheizen die Luft. Warme Luft steigt nach oben und hängt unter der Decke, unten bleibt die Halle erst einmal kalt. Die Deckenstrahler wirken durch die Infrarotstrahlung, die sie abgeben. Sie heizen in erster Linie nicht die Luft auf, sondern die Körper (Menschen) die bestrahlt werden. Warum um alles in der Welt werden jetzt Profilheizkörper eingebaut?

KNX ist ein Bus-System für die Gebäudeautomatisierung. Warum das System in die Obermainhalle eingebaut werden soll, geht nicht aus dem Zeitungsbericht hervor. KNX macht nur Sinn, wenn damit Funktionen realisiert werden, die Einsparungen bringen. KNX ist kein Wert an sich. Nur das Licht zu schalten oder Rollläden zu steuern sind keine sinnvollen Anwendungen für KNX. Das geht mit einem konventionellen Schaltschrank billiger, einfacher und weniger störanfällig. Vielleicht will ja der Architekt an den Mehrkosten noch ein bisschen dazu verdienen?

19. Mai 2015

Schon wieder ein neues Ökostromschwindelopfer im Landkreis Lichtenfels

Bevor mich die Ökoinquisition verurteilt, lege ich vorsorglich mein Glaubensbekenntnis ab: Ich bin für die Energiewende. Ich bin dafür, dass alle Atomkraftwerke abgeschaltet werden, je schneller, desto besser. Ich bin dafür, dass Strom aus fossilen Rohstoffen durch erneuerbare Energie ersetzt wird. Ich bin daher auch für neue Stromtrassen, weil ich weiß, dass sie für ein stabiles Stromnetz notwendig sind, wenn stabil laufende Großkraftwerke durch dezentrale Kleinkraftwerke ersetzt werden, deren Leistungsabgabe wetterbedingt starken Schwankungen unterliegt.

Allerdings bin ich entschieden gegen die Abzocke unter dem Deckmäntelchen Ökostrom. Jüngstes Opfer dieser Masche wurde der Kreisausschuss des Landkreises Lichtenfels: Ab 2017 soll der Landkreis zu 100 % mit Ökostrom beliefert werden. Weil die Kreisverwaltung anscheinend keine Stromlieferungsverträge abschließen kann, soll ein Beratervertrag mit der Kubus Kommunalberatung und Service GmbH abgeschlossen werden. Auch wenn Kubus ein Unternehmen kommunaler Spitzenverbände ist (was immer das auch heißen mag), so ist Kubus trotzdem ein gewinnorientiertes Unternehmen, das davon lebt, Beratungsleistung zu verkaufen. Was Kubus für seine Dienste bekommt, steht leider nicht in der Tageszeitung.

Jetzt zum Schwindel. Um ihn zu begreifen, muss man verstehen, wie das Stromnetz funktioniert. Da stelle mer uns janz dumm. Und da sage mer so: Das Stromnetz besteht aus Erzeugern (Kraftwerke, Windräder) und Verbrauchern (Fernseher, Waschmaschinen, Walzwerke, Straßenlampen). Erzeuger und Verbraucher sind über das Stromnetz miteinander verbunden, nicht nur bayernweit, wie so mancher Minister in München vielleicht glaubt, sondern deutschland- und europaweit. Der Witz an der ganzen Geschichte ist, dass es in diesem Stromnetz keine Speicher gibt (bis auf ein paar Pumpspeicherkraftwerke). Das bedeutet, dass immer genauso viel Strom verbraucht werden muss, wie erzeugt wird. Die Schwankungen im Verbrauch - und mittlerweile auch in der Erzeugung durch regenerative Energien -  müssen bisher durch konventionelle Kraftwerke ausgeglichen werden, weil die Netzspannung sonst nicht stabil gehalten werden kann.

Es gibt nur ein Stromnetz, in das alle einspeisen und aus dem alle Verbraucher bedient werden. Die Windturbine bei Bayreuth weiß nicht, dass ein Burgkunstadter Ökostrom bezieht, und das Atomkraftwerk Schweinfurt speist den Strom für den lichtenfelser Atomkraftgegner ein, obwohl er einen Ökotarif ohne Atomstrom gewählt hat. Einzig und allein die Abrechnung erfolgt anders. Man muss noch wissen, dass es auch Zertifikate für den Ökostrom gibt. Der Stromanbieter kann also von einem norwegischen Wasserkraftwerk ein Zertifikat kaufen und dann Ökostrom in Bayern anbieten, obwohl - wegen der physikalischen Gegebenheiten überhaupt kein Ökostrom aus Norwegen in Bayern ankommt.

Ein paar Ökostromerzeuger behaupten, der Mehrpreis würde in den Ausbau der erneuerbaren Energien investiert. Was die anderen damit machen, darüber breiten sie den Mantel des Schweigens. Es gibt nicht so wenig Windkrafträder, weil die Betreiber am Hungertuch nagten, sondern weil die Genehmigungsverfahren so lange dauern, und weil die entsprechenden Stromtrassen fehlen. Die Ökostromerzeuger werden schon durch die Ökostromabgabe subventioniert. Es gibt sogar eine Abnahmegarantie für erneuerbare Energien. Das ist alles im Erneuerbare-Energien-Gesetz geregelt. Niemand würde Windräder oder Biogaskraftwerke bauen, wenn er kein Geschäft damit machen könnte. Also: Wozu noch zusätzlich für Ökostrom bezahlen? Nur, um die Gewinne der Ökostromerzeuger noch ein bisschen aufzupeppen?

15. Mai 2015

Mitarbeiter baden Managementfehler aus

Es überrascht doch immer wieder, wie die Presse Aussagen von Unternehmen nachplappert, ohne sie zu hinterfragen. Ich zitiere aus dem Obermain-Tagblatt: "Wegen des kurzfristigen Ausstiegs ihres langjährigen Kunden 'Fressnapf' und der damit verbundenen Folgen für die Baur-Tochter Baur Fulfillment Solutions (BFS) haben Geschäftsführung und der Betriebsrat einen Sozialplan vereinbart." Anscheinend fällt keinem Redakteur der Widerspruch zwischen kurzfristigem Ausstieg und langjährigem Kunden auf.

Der Kunde kann nicht kurzfristig aussteigen, weil er einen Vertrag mit einer Kündigungsfrist geschlossen hat. Üblich ist es, mit langjährigen Kunden auch lange Kündigungsfristen zu vereinbaren, sodass man auf einen Ausstieg seitens des Managements rechtzeitig reagieren kann. Aufgabe des Managements ist es, mit wichtigen Kunden, deren Ausstieg so gravierende Konsequenzen wie bei BFS hat, ständig Kontakt zu halten. Hier wird wieder einmal ein fataler Managementfehler als unabwendbarer Schicksalsschlag dargestellt. Die Mitarbeiter baden es, wie üblich, aus.

Skater Park Madness

Jetzt ist es also beschlossene Sache: In Burgkunstadt wird für 185.000 € eine Skater-Anlage gebaut. Nur zwei Stadträte hatten Mumm und gegen diesen Irrwitz gestimmt. Entstanden ist die Skater-Bahn-Idee anlässlich des Unfalltodes eines Schülers im Jahr 2012, wobei der Schüler den Unfall grob fahrlässig selbst herbeigeführt hat. Es ist immer sehr bedauerlich, wenn ein junger Mensch stirbt. Aber muss deswegen eine Skaterbahn gebaut werden? In der Vergangenheit sind einige burgkunstadter Jugendliche durch Unglücksfälle ums Leben gekommen. Auch sie hatten Wünsche und Pläne. Wurden diese von der Stadt realisiert? Und dann fällt mir noch ein: Was ist eigentlich aus den Spendengeldern für die Skater-Bahn geworden?

Stadtrat Wolfgang Sievert hat es auf den Punkt gebracht: Jetzt einen Energienutzungsplan aufzustellen würde bedeuten, ein "Schubladengutachten" zu finanzieren. Die Energieagentur Nordbayern GmbH ist natürlich daran interessiert, den Auftrag für ein Gutachten zu bekommen; das ist das Geschäftsmodel der Agentur. Ergebnis der Studie wäre unter anderem eine Machbarkeitsstudie für ein Nahwärmekonzept. Ein Nahwärmekonzept braucht man, wenn Abwärme genutzt oder ein Heizkraftwerk gebaut werden soll. Mir fällt aktuell kein Chemiebetrieb oder Walzwerk in Burgkunstadt ein, dessen Abwärme man nutzen könnte.

Und dann gab es noch das weltbewegende Thema im Stadtrat: Soll eine Linde im Friedhof gefällt werden? Dazu konnte beinahe jeder seine Meinung sagen und hat es dann auch getan. Aber letztendlich haben die Baumfrevler gesiegt: "Mein Freund, der Baum, ist tot." Liebe Baumfreunde: In und um Burgkunstadt stehen zehntausende Bäume, auch Linden. Da kommt es auf einen mehr oder weniger nicht an. Das Lied Alexandras war nur eine Schlagerschnulze; Bäume haben keine Gefühle. Und: Wer rettet eigentlich die alten Waldbäume, die rücksichtslos mit lärmenden Maschinen, gefräßigen Monstern gleich, gefällt werden - tagein, tagaus?

3. Mai 2015

Kordigast soll zerstört werden

Der Kordigast soll aufgewertet werden. Was Landrat Christian Meißner darunter vesteht, stand im Obermain-Tagblatt: Es sollen ein Abenteuerspielplatz, ein Rad-Gelände-Parcour und ein Streichelzoo entstehen. Zusätzlich sollen Flächen gerodet werden. Andererseits sollen Naturschutzprojekte auf die Besonderheit am Kordigast aufmerksam machen. Wie Naturschutz mit diesem geplanten Remmidemmi zu vereinbaren ist, ist mir schleierhaft.

Wer in erster Linie von dieser "Aufwertung" profitieren wird, geht indirekt auch aus dem Zeitungsartikel hervor: die beiden Gasthäuser Steinerne Hochzeit und Waldfrieden. Wobei es mit dem Waldfrieden bald vorbei sein wird, wenn diese Pläne tatsächlich umgesetzt werden. Der Kordigast wird mit diesen Maßnahmen nicht aufgewertet, sondern ein weiteres Stück nahezu unberührter Natur zerstört.