8. Dezember 2022

Wir brauchen Windräder und Genossenschaften sind nicht böse

Der geplante Windpark Ebneth-Reuth-Küps ruft den ersten Leserbriefschreiber auf den Plan. Der Leserbrief sät gezielt Zweifel an der Entscheidung des Stadtrats, die Bauleitplanung für den Windpark durchzuführen.

Eingangs moniert der Autor, dass "die Vorständin einer Energiegenossenschaft aus Bayreuth" Geld wittern würde, dass sie nicht verschenken wolle. Sein Fazit: "So weit ist es mit der Genossenschaftsidee also offenbar schon gekommen!" Genossenschaften sind keine Wohlfahrtsorganisationen. Natürlich haben sie kein Geld zu verschenken und natürlich wollen sie auch einen Gewinn erzielen. Bestes Beispiel sind dafür die Genossenschaftsbanken, z. B. die Raiffeisenbanken. Keine Bank, auch keine genossenschaftlich organisierte, verzichtet auf Gewinn. Eine Genossenschaft ist ein Zusammenschluss von Personen, um gemeinschaftlich ein Geschäft zu betreiben.

Um den Bürgern richtig Angst vor den Windrädern einzujagen, vergleicht er sie mit dem Baur-Hochhaus: "Das entspricht der fünffachen Höhe des Baur-Verwaltungshochhauses." Unterschwellig wird mit diesem Vergleich allerdings beim Leser die Assoziation erweckt, dass die Windräder nicht nur fünfmal höher, sondern auch fünfmal größer sind als das Hochhaus, es sich also um Monsterbauwerke handelt. Jeder kann sich durch einen Blick auf die Windräder bei Hain davon überzeugen, dass sie nichts mit einem Hochhaus gemeinsam haben.

Dann beschwört der Leserbriefschreiber die Demokratie als "Herrschaft des Volkes" im Sinne einer direkten Demokratie. Damit bezieht er sich auf Art. 20 Grundgesetz: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus." Gleich im nächsten Satz wird aber spezifiziert, wie diese Staatsgewalt ausgeübt wird: "Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt." Mitreden darf bei Entscheidungen jeder, wie im Leserbrief angemerkt wird, aber nicht mitentscheiden. Die Entscheidungen treffen die gewählten Volksvertreter gemäß den geltenden Richtlinien und Gesetze. Überhaupt - es gibt viele, die von sich behaupten: "Wir sind das Volk!" Wenn man dann genau hinschaut, verfolgen sie nur ihre persönliche Agenda und das Wohl der Allgemeinheit interessiert sie nicht, ja sie arbeiten sogar gegen das Gemeinwohl.

Das Säen von Zweifeln an der Sinnhaftigkeit von neuer Infrastruktur kommt auch nicht zu kurz. Dabei wirft der Verfasser alle möglichen Dinge in einen Topf, sinnvolle und weniger sinnvolle, und lässt dem Leser seine eigenen Schlüsse ziehen. Das Scheinargument "Aber die anderen!" darf natürlich ebenfalls nicht fehlen. Und ob das mit dem Klimawandel nicht ein Riesenschwindel ist? Ein bisschen Verschwörungsgeraune macht das Kraut noch fett: "Wer profitiert auf jeden Fall davon? Große Kapitalanleger!" Als ob Exxon, Shell, BP und Konsorten uns für Gotteslohn Energie zur Verfügung stellten.

Ein bisschen verschiedene Schutzziele als unvereinbare Alternativen darstellen kann auch nicht schaden: "Ist Treibhausgaseinsparung wichtiger als Ressourcenschonung?" Das nennt man "falsches Dilemma", weil es nämlich kein Dilemma ist. Natürlich müssen wir beides tun, das eine schließt das andere nicht aus. Und selbstverständlich auch noch den Naturschutz gegen den Klimaschutz ausspielen. Das ist ebenfalls ein falsches Dilemma. Ich hoffe, alle erinnern sich noch an den Borkenkäferbefall und an die verdorrten Wiesen und Felder in und um Burgkunstadt in diesem Sommer. Ohne Klimaschutz gibt es auch keinen Natur- und Umweltschutz.

Wir brauchen keine Lichtinstallation, wie der Leserbriefschreiber vorschlägt, um zu wissen, wie Windräder aussehen. Wir können uns die Windräder in Hain aus den unterschiedlichsten Blickrichtungen und Entfernungen anschauen. Die Windräder in Ebneth werden genauso aussehen.

In einem modernen Industrieland funktioniert keine dezentrale Stromversorgung. Im Gegenteil: Wenn der Anteil erneuerbarer Energien steigt, müssen die überregionalen Netze verstärkt ausgebaut werden. Wer's nicht glaubt: Einfach mal selbst googeln.

Und zum Schluss noch der Höhepunkt. Eingangs steht im Leserbrief: "So weit ist es mit der Genossenschaftsidee also offenbar schon gekommen!" Und am Ende fordert der Autor dann doch die Bildung einer Genossenschaft und Gewinnbeteiligung. Ja was denn jetzt?

Ich weiß nicht, was der Autor mit seinem Leserbrief bezweckt. Ein Beitrag zu einer sachlichen Diskussion kann es meiner Meinung nach nicht sein. Der Klimawandel ist wissenschaftlicher Konsens. Die Voraussagen aus den 80er Jahren sind bisher eingetroffen. Wir können die Auswirkungen der Klimaerwärmung schon weltweit spüren, sogar in Burgkunstadt, der Insel der Seligen. Wir müssen die Verbrennung fossiler Energien stoppen und brauchen als Ersatz erneuerbare Energiequellen. Das sind halt bei uns Windräder und Photovoltaikanlagen. Die Turbinen müssen da gebaut werden, wo Wind weht und das ist nun mal Ebneth.