23. Februar 2017

Die Arbeitnehmer zahlen die Zeche

Die Mitarbeiter bei der Firma Loewe in Kronach sollen Gehaltskürzungen bis zu 20 % hinnehmen, obwohl der Umsatz um 20 % zugelegt hat. Das wird den Mitarbeitern als Beteiligung an der Unternehmensentwicklung verkauft. Sie sollen aber natürlich einen Bonus erhalten, wenn das Ergebnis mal wieder gut ist.

Warum schlägt der Investor und Geschäftsführer Marc Hüsges das vor? Bei den Mitarbeitern sollten die Alarmglocken schrillen: Vor vier Jahren verzichteten die Mitarbeiter auf 10 % ihres Gehaltes. Nach einem halben Jahr musste das Unternehmen Insolvenz in Eigenverwaltung anmelden, drei Monate später die Insolvenz. Etwa die Hälfte der damaligen Mitarbeiter wurde entlassen.

Wir leben im Kapitalismus. Der Kapitalismus funktioniert dadurch, dass Unternehmen Gewinne machen. Karl Marx nennt das Mehrwert. Der Mehrwert ist der Wert, den der Arbeiter schafft, weil er für diesen Mehrwert kostenlos arbeitet. Der Mehrwert fließt in die Tasche des Kapitalisten (Fabrikant, Aktionär). Den Mehrwert kann der Kapitalist erhöhen, indem er weniger Lohn zahlt, die Arbeitszeit erhöht, Arbeiter entlässt oder die Produktivität durch Automatisierung verbessert. Letztendlich steht der Kapitalist immer gut da, die Zeche zahlt der Arbeiter.

Wenn die Mitarbeiter auf Gehalt verzichten, sind sie bei einer Entlassung doppelt gekniffen: Die höhe des Arbeitslosengeldes richtet sich nämlich nach dem tatsächlichen Verdienst der letzten 12 Monate. Schwerbehinderte, die eine besonderen Kündigungsschutz haben, sollten sich vorsehen: Der besondere Kündigungsschutz gilt zwar theoretisch auch im Rahmen einer Insolvenz in abgeschwächter Form, er wird aber in der Praxis einfach ignoriert, nach dem Motto: Verklag' uns doch, du Arschloch; deine Ansprüche fallen in die Insolvenzmasse und dann kriegst du halt deine 2,5 % davon.

Der Kapitalist kann einer Insolvenz gelassen ins Auge sehen, er hat vorher schon genügend Kapital aus der Firma gezogen, beispielsweise durch das Gehalt, das er sich genehmigt. Aber vielleicht kommt es nicht zur Insolvenz und die Firma wird durch den Gehaltsverzicht für einen potenziellen Käufer aufgehübscht. Schade nur, dass der in Kronach nicht mehr viel produzieren wird.        

19. Februar 2017

Kuni Tremel-Eggert - eine Opportunistin par excellence

In seinem Vortrag über Kuni Tremel-Eggert schlug der Literaturwissenschaftler Professor Ralf Georg Czapla vor, "zwischen der öffentlichen Person, die sich schuldig gemacht habe, indem sie sich den Nazis andiente, und der privaten Person, die in ihren Tagebüchern (nicht veröffentlicht) keinerlei Nähe zur Nazi-Ideologie zeige" zu unterscheiden. Er streicht ihre schriftstellerische Leistung vor der Zeit des NS-Regimes hervor. Eine Person aber, die öffentlich anders redet und handelt, als privat denkt, ist nichts anderes als ein gnadenloser Opportunist. Eine Person, die sich öffentlich schuldig macht, ist schuldig, auch wenn sie privat vielleicht anders dachte. Ein Einbrecher, der in seinem Tagebuch schreibt, dass er das Einbrechersein nicht mag, ist trotzdem ein Einbrecher.

Der Opportunismus Tremel-Eggerts zeigte sich dann auch darin, dass sie nach dem Krieg Teile ihrer Romane wieder umgeschrieben hat: "Als ein Zeichen dafür, dass sie die Problematik ihrer Parteinahme eingesehen habe, wertete Czapla auch Änderungen von Teilen ihrer Werke bei Neuauflagen, in denen sie die NS-Zeit als unheilvoll darstellt." Hätte sie ihre Werke wohl umgeschrieben, wenn sie durch die neuen Gegebenheiten nicht gezwungen worden wäre? Wohl kaum.

Jemand, der Angesichts der Verbrechen gegen seine jüdischen Mitbürger hetzt, ist ein Täter, egal, ob das die öffentliche oder die private Person tut. Straßen nach Tätern zu benennen, ist ein verbrecherischer Akt gegenüber den Opfern. In meinem Beitrag "Freund Sansibar" hatte ich schon 2015 die Umbenennung der Straße gefordert. Ich halte diese Forderung aufrecht. Wenn der Stadtrat wirklich mit Vergangenheitsbewältigung etwas am Hut hat, behandelt er dieses Thema.

Wenn Czapla die Tagebücher Tremel-Eggerts veröffentlichen will, kann er das gerne tun, wenn er die Urheberrechte daran hat. Ein öffentliches Interesse besteht nicht. Man muss ihr Grab nicht planieren, es reicht schon, es aufzulassen. Das Geburtshaus muss man nicht abreißen, man kann die Gedenktafel abmontieren oder durch eine Tafel ersetzen, die ihrer Nazivergangenheit Rechnung trägt. Was man auf jeden Fall aber unterlassen sollte, sind Gedenkveranstaltungen zu Ehren Kuni Tremel-Eggerts.

Als Jugendlicher habe ich mich immer gewundert, warum nach dem Krieg in Burgkunstadt plötzlich alle Demokraten waren. Später wurde mir klar, dass die Nazivergangenheit nur gekonnt unter den Teppich gekehrt wurde. Wer sich seiner Vergangenheit nicht stellt, hat aber auch keine Zukunft. Es ist wirklich höchste Zeit, dass sich Burgkunstadt seiner Vergangenheit stellt.

Bürgerversammlung ist ein Mitspracherecht der Bürger

Im Bericht des Obermain-Tagblatts über die Burgkunstadter Bürgerversammlung fehlte leider der Bericht der Bürgermeisterin Christine Frieß komplett. Stattdessen widmete Reporter Stephan Stöckel ein Drittel des Berichts der Frage, ob die Bürgermeistern zu Recht oder zu Unrecht beschuldigt wurde, einem Bürger unhöflich geantwortet zu haben. Bei meiner Ausbildung zum Hobby-Journalisten hatte ich mal gelernt, dass in einem Bericht das Wichtigste zuerst beschrieben wird. Wenn diese Frage - nach Positionierung im Text und nach Umfang des Textteils muss ich das schließen - das wichtigste Thema der Bürgerversammlung war, ist da etwas schief gelaufen. Es kann natürlich auch sein, dass der Reporter sein Handwerk nicht so richtig versteht.

Die Bürgerversammlung ist ein Mitberatungsrecht der Bürger einer Gemeinde. Das ist in Art. 18 Gemeindeordnung geregelt. Sie muss mindestens einmal jährlich stattfinden. Sie dient der Erörterung gemeindlicher Angelegenheiten. Jeder Bürger hat Rederecht. Die Bürgerversammlung ist also nicht nur ein Bericht des Bürgermeisters und eine Beantwortung vorab schriftlich eingereichter Fragen; jeder Bürger darf Reden und auch spontan Fragen stellen. Personen, die keine Gemeindemitglieder sind, haben kein Rederecht. Zudem kann die Bürgerversammlung Empfehlungen aussprechen, die der Gemeinderat innerhalb von drei Monaten behandeln muss. Es wäre schön, wenn die Bürger vor der nächsten Bürgerversammlung über dieses Mitberatungsrecht aufgeklärt würden.

Leider hat die Bürgermeisterin gegen Art. 18 GO verstoßen. Sie hat nämlich dem Altenkunstadter Bürger Volker Thormählen ohne Abstimmung der Bürgerversammlung ein Rederecht eingeräumt. Thormählen kann gerne in Altenkunstadt seine Bürgerversammlung besuchen und den dortigen Bürgermeister zum Lehrschwimmbecken löchern, aber nicht in Burgkunstadt.

Dass die Bürgermeisterin gerne gegen die Gemeindeordnung und andere Gesetze verstößt, hat sie in der Bürgerversammlung wieder einmal selbst bewiesen. Sie ist der Meinung, dass man den Haushaltsplan nicht bis zum 30. November des Vorjahres beschließen müsse, obwohl die Gemeindeordnung das eindeutig vorschreibt. Auf den Einwand, dass andere Gemeinden das auch schafften, antwortete sie, sie vermöge keinen Verstoß gegen die Gemeindeordnung zu sehen. Ich empfehle ihr eine Blick in das Bayerische Verwaltungsportal, um ihre Kenntnisse aufzufrischen.

Auf die Frage nach belastbaren Zahlen zur gesplitteten Abwassergebühr musste Frieß passen: "Die Ermittlung der abflussrelevanten Flächen ist noch nicht abgeschlossen. Liegen diese Daten vor, dann kann die Kalkulation durchgeführt werden und die entsprechende Satzung dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt werden. Danach ist eine Endabrechnung für 2015 und 2016 möglich." Stadtrat und Verwaltung wissen seit zwei Jahren, dass die gesplittete Abwassergebühr gesetzlich gefordert ist. Obwohl keine gültige Satzung vorliegt, werden weiterhin Vorauszahlungen aufgrund einer ungültigen Satzung gefordert. Die Verwaltung steht anscheinend über dem Gesetz.

Auf die Frage nach einer Strategie zählte die Bürgermeisterin Prioritäten auf. Anscheinend weiß sie nicht, was eine Strategie ist. Eine Prioritätenliste ist sicher keine Strategie. Hier kann ich auch wieder abhelfen: Merkmale einer Strategie sind nach Gablers Wirtschaftslexikon:

"Eine Strategie trifft Aussagen zu den folgenden vier Bereichen:
(1) dem Tätigkeitsbereich, d. h. dem Ausmaß der Umweltbeziehungen der Unternehmung (Scope/Domain),
(2) den Ressourcen der Unternehmung und den damit verbundenen Fähigkeiten, die strategischen Ziele zu erreichen (Distinctive Competence),
(3) den Wettbewerbsvorteilen der Unternehmung (Competitive Advantage) und
(4) der Synergien, die durch die strategischen Entscheidungen entstehen können."

Ersetzt man im Text Unternehmung durch Gemeinde, so hat man die Merkmale einer Gemeindestrategie. Eine Prioritätenliste trifft zu keinem der vier Bereiche eine Aussage.

13. Februar 2017

Ohne Moos nix los

Das Lehrschwimmbecken für Burgkunstadt kocht wieder hoch. Den Brei haben diesmal angerührt die Freien Wähler und die DLRG. Bevor ich auf den Brei eingehe, will ich noch einmal kurz die Diskussion, so wie ich sie aus der Zeitung kenne, zusammenfassen.

Im August 2016 konnte man lesen, dass es in der Grundschule an Lehrern mit Schwimmschein mangle. Das Lehrschwimmbecken in Marktgraitz sei für eine Schulklasse zu klein. Im Sommer könne man mit den Schulklassen ins Freibad. Dann war noch die Rede davon, dass die Fahrt nach Marktgraitz zu lange dauere.

Im März 2015 redete Landrat Christian Meißner davon, dass für ein 25-m-Becken 106 Sportklassen notwendig seien, um einen Zuschuss für ein Bad zu erhalten. Im Januar 2015 diskutierte der Stadtrat darüber, eine Planung für ein Bad in Auftrag zu geben, Kosten ca. 200.000 €. Das wurde abgelehnt, weil kein Geld da war.

Im Dezember 2014 wollten die Burgkunstadter ein Hallenbad mit Blockheizkraftwerk und Schulungsraum für die DLRG bauen, die Altenkunstadter aber nur ein Lehrschwimmbecken. Im November 2014 gönnten sich einige Gemeinderäte aus Burgkunstadt, Altenkunstadt und Weismain eine Besichtigungstour nach Markt Erlbach, um dort ein Lehrschwimmbecken zu besichtigen. Auch die DLRG hat eifrig Zeitungsberichte gesammelt. Im August 2010 war schon die Rede von einem 25-m-Becken seitens der Stadt Burgkunstadt.

Die Haushaltslage der Stadt Burgkunstadt ist desolat. Deshalb ist es vernünftig, wenn die Fraktion der Freien Wähler eine Konzentration auf die Pflichtaufgaben fordert. Ein Bad muss nicht nur unterhalten, sondern auch gebaut werden. Trotz Zuschüssen (Markt Erlbach 35 %) müssen Leistungen von der Stadt - sprich: von den Steuerzahlern - erbracht werden. Wenn die Schulden irgendwann einmal reduziert werden, kann man vielleicht auch mal die Grundsteuer oder die Straßenausbaubeiträge senken.

In ihrem Leserbrief holt die DLRG den ganz großen Knüppel aus dem Sack. Leider hat sie anscheinend den Bericht über die Freie-Wähler-Sitzung nicht genau gelesen. Stadträtin Ingrid Kohles hat nur auf das Defizit des Freibads hingewiesen und keinen Vergleich zu einem Lehrschwimmbecken gezogen. Stadtrat Michael Doppelt hat das Defizit nicht nur vom Michelauer Bad abgeleitet, sondern gesagt: „Das ist beim Lehrschwimmbecken in Marktgraitz nicht anders.“ Wenn die DLRG für Schwimmkurse keine Termine in Marktgraitz oder Michelau bekommt, mag das daran liegen, dass sie sich zu spät um Kapazitäten bemüht hat. Man kann durchaus, wie Stadtrat Ulf Müller, aus den Defiziten anderer Bäder auf das schließen, was von einem Bad in Burgkunstadt zu erwarten ist.

Wenn die DLRG belastbare Zahlen und Fakten hat, wäre es doch das Einfachste, wenn sie diese Zahlen dem jetzigen Stadtrat und der jetzigen Bürgermeisterin zur Verfügung stellte. Sie könnte diese Zahlen auch auf ihrer Homepage veröffentlichen. Warum das nicht geschieht, erschließt sich mir nicht. Liegt es vielleicht daran, dass sie doch nicht belastbar sind?

Die Entscheidung gegen ein Lehrschwimmbecken ist nicht für alle Zeit in Stein gemeißelt. Wenn wieder mal Geld da ist, kann man auch wieder über ein Lehrschwimmbecken diskutieren. Aktuell ist die Diskussion sinnlos. Es geht eben nicht nur um "Leisten wollen", wie die DLRG behauptet, sondern in erster Linie um "Leisten können". Oder wie der Burgkunstadter sagt: "Ohne Moos nix los."

9. Februar 2017

Nach zwei Jahren immer noch keine gültige Gebührensatzung

Kämmerin Heike Eber beklagte in der letzten Stadtratssitzung wieder einmal das Elend dieser Welt. Anlass war dieses Mal die gesplittete Abwassergebühr. Laut Eber gestalte sich "die Ermittlung der versiegelten Flächen und der Abflüsse zur Festsetzung der gesplitteten Abwassergebühr" aufwändig. Dazu ist zu sagen, dass die letzte Gebührensatzung vom 07.11.2014 stammt. Damals wussten Stadtrat und Verwaltung schon, dass diese Satzung gegen geltendes Recht verstößt. Die Verwaltung hat es nicht geschafft, innerhalb von zwei Jahren die gesplittete Abwassergebühr einzuführen.

Leider konnte Eber auch keinen Termin nennen, wann denn nun das Jahrhundertwerk fertiggestellt wird. "Wann die Endabrechnung vorliegt, konnte die Kämmerin aufgrund der aufwändigen Berechnungen und zahlreicher Krankenfälle nicht sagen." Auch der hartnäckigste Beamtenschnupfen sollte nach drei Wochen intensiver Bettruhe abgeklungen sein. Berücksichtigt man noch eine einwöchige Erholungsphase am Schreibtisch, so ist der Verwaltungsbeamte spätestens nach vier Wochen schon wieder einsatzfähig. Warum man diese Zeit bei einer Terminaussage nicht berücksichtigen kann, ist mir unverständlich. Wie haben das nur alle anderen Gemeinden geschafft, das mit der gesplitteten Abwassergebühr?

Obwohl die Verwaltung in drei Jahren keine geltende Gebührensatzung auf die Reihe gebracht hat, schämt sie sich nicht, Vorauszahlungsbescheide zu verschicken. Dabei lernt der kleine Beamtenanwärter schon in der ersten Klasse der Beamtenschule diesen geheiligten Grundsatz, der ihn sein ganzes Leben begleitet: "Kein Gebührenbescheid ohne geltende Satzung!" Hat die Kämmerin in dieser Unterrichtsstunde gefehlt oder verstößt sie absichtlich gegen geltendes Recht?

Korrektur: In der vorhergehenden Version war von drei Jahren Zeit für die Erstellung der Gebührensatzung die Rede. Es sind aber nur zwei Jahre.

8. Februar 2017

Transparenz - nur ein leeres Wort

Sie wollten alle mehr Transparenz, unsere Burgkunstadter Stadträte. Mittlerweile ist die Stadtratsmehrheit wieder der Meinung, dass im Dunkeln doch besser munkeln ist. Deshalb sollen die Sitzungen der beratenden Ausschüsse (in Burgkunstadt sind das alle, bis auf den Bauausschuss) wieder geheim tagen. Das ist legal, bürgerfreundlich und demokratisch ist es nicht. Die Festtagsreden zur mehr Transparenz und Offenheit waren nur hohle Phrasen, zur Verdummung des blöden Wählers gedacht.

Wenn Stadtrat Günther Knorr "zwischen öffentlichen und nichtöffentlichen Belangen" keine klare Grenzen ziehen kann, ist er im Stadtrat fehl am Platz. Ich habe mich unten schon zu diesem Thema geäußert. Ich unterstelle, dass in öffentlichen Sitzungen zukünftig einfach auf die Vorschläge der beratenden Ausschüsse verwiesen und jegliche aufkeimende Diskussion unterdrückt werden wird.

Die Regierung von Unterfranken kennt ihre Pappenheimer anscheinend auch. Sie sah sich zu diesem Rundschreiben genötigt. Nachdem Unterfranken und Oberfranken beide zu Bayern gehören, gelten die im Rundschreiben getroffenen Aussagen zur Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen auch für Oberfranken und für Burgkunstadt in Oberfranken.

Meine Hochachtung gilt den Stadträten, die gegen den Antrag der CSU gestimmt haben. Hut ab! Sie sind echte Demokraten.