3. August 2018

Alle wollen von den Bauern gewählt werden

Letzte Woche haben sich die Landtagskandidaten auf Einladung des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Oberlangheim zu einer Podiumsdiskussion getroffen. Der Kandidat Detlef Rauh der AfD bekannte, dass er keine Ahnung von Landwirtschaft habe, was zu Recht Unmut hervorrief. Allerdings waren die Beiträge der anderen Teilnehmer auch nicht besonders prickelnd.

"Georg Deuerling (FW), der auf Listenplatz 11 kandidiert, kritisierte den immensen Aufwand der Bürokratie." Wenn man Geld vom Staat oder von der EU will, muss man halt nachweisen, ob man berechtigt ist, Subventionen zu erhalten. Der Geldgeber hat ein Anrecht darauf, zu erfahren, ob das Geld zweckgebunden verwendet wird. Bauern bescheißen den Staat genauso gerne wie der Rest der Bevölkerung.

Einig waren sich die Teilnehmer der Podiumsdiskussion, dass der Berufsstand des Bauern aufgewertet werden müsse. Ich kann das Wort "aufwerten" nicht mehr hören. Was soll nicht alles aufgewertet werden: der Kordigast, der Staffelberg, die Pflegeberufe. Früher hat man Währungen aufgewertet. Der EU ist der Bauer wert und teuer: 39 % des EU-Budgets fließen in Landwirtschaft/ländlicher Raum/Klima- und Umweltschutz, das sind 58 Mrd. €/Jahr.

Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) stützt sich auf zwei Säulen: den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER). Aus dem EGFL bekommt jeder Betrieb etwas, der was für Umweltschutz, Tierschutz, Lebensmittelsicherheit oder Futtermittelsicherheit tut (also alle). Mit dem ELER werden u. a. Nahversorgung und die Entwicklung von Dörfern und Gemeinden gefördert.

Wenn sich die Kandidaten nur ein bisschen im Internet informiert hätten, wären sie auch auf diese Informationen gestoßen. Der Landtag kann nicht einfach neue Subventionen beschließen und einführen, er ist dabei an das EU-Recht gebunden. Zudem verzerren die Subventionen den innerdeutschen und -europäischen Wettbewerb.

Jürgen Baumgärtner (CSU) warnte vor "ideologischen Scheuklappen beim Naturschutz" und gleichzeitig vor "genmanipulierten Produkten". Der Ausdruck "genmanipuliert" ist stark ideologisch behaftet. Auf der einen Seite sind Pflanzen, die unkontrolliert durch radioaktive Bestrahlungen zu Mutationen angeregt werden, erlaubt, andererseits gezielt gentechnisch veränderte Pflanzen nicht. Orangen sind beispielsweise auch bei Gegnern der Gentechnologie beliebt, obwohl sie eine Kreuzung zwischen Pampelmuse und Mandarine sind. Das Hausschwein hat auch nicht viel Ähnlichkeiten mit einem Wildschwein. Das Wildschwein hat 12 Rippenpaare, das Hausschwein 16. Ist das nicht der Gipfel der Genmanipulation?

Ralf Pohl (SPD) wünschte sich, "dass weltweit vertraglich die Standards eingehalten werden." Das wünsche ich mir natürlich auch. Und dazu noch den Weltfrieden. Leider wissen wir nicht, wie Pohl dafür sorgen will, dass die Standards weltweit eingehalten werden. Edith Memmel (Grüne) forderte, dass landwirtschaftliche Flächen nicht an die böse Großindustrie verkauft werden dürften. In Deutschland herrscht Vertragsfreiheit. Jeder kann seine Grundstücke verkaufen, an wen er will. Für die Ausweisung eines Grundstücks als Industriegelände ist die Kommune zuständig. Soviel sollte eine Landtagskandidatin schon wissen, bevor sie an der freiheitlich demokratischen Grundordnung rüttelt.

Und dann noch das Gejammere wegen des zu niedrigen Milchpreises! Auch der Milchpreis unterliegt den marktwirtschaftlichen Regeln von Angebot und Nachfrage. Wenn es massenweise Milch gibt, ist der Preis nun einmal niedrig. Gegen die niedrigen Preise in den Supermärkten kam auch nur der hilflose Appel: "Kauft regional!" Warum soll der Homo Oeconomicus regional kaufen, wenn die regionalen Lebensmittel deutlich teurer sind als die überregionalen? Warum Rothwinder Spargel zum doppelten Preis des Spargels im Supermarkt kaufen, der aus Schrobenhausen kommt?

BBV-Kreisobmann Michael Bienlein kritisierte gesetzliche Auflagen und überbordende Bürokratie. Ich kritisiere die marginalen Kontrollen der Betriebe: Nach meiner Wahrnehmung klotzen Bauern mit Düngern und Antibiothika, weil Kontrollen fehlen. Gleiches gilt für teilweise untragbare Zustände in der Tierhaltung, nicht nur in der Massentierhaltung. Wo keine Kontrollen stattfinden, da ist dem Beschiss Tür und Tor geöffnet (alte Bauernregel). Leider hat sich für schärfere Kontrollen keiner der Kandidaten stark gemacht, man will ja von den Bauern gewählt werden.