9. Februar 2021

Geschmackloser Vergleich

Erinnern Sie sich noch an Jana aus Kassel? Das war die junge Frau, die sich anlässlich einer Coronaleugner-Demonstration mit Sophie Scholl verglichen hat. Sophie Scholl kämpfte gegen die Nazidiktatur. Sophie und Hans Scholl wurden am 22. Februar 1943 hingerichtet. Jana aus Kassel lebt immer noch. Sie verglich ihren sogenannten Kampf gegen die von ihr gefühlte Coronadiktatur mit dem Kampf gegen eine echte Diktatur.

Jana aus Kassel hat anscheinend Verwandte im Geiste auch im Burgkunstadter Ortsteil Mainklein. Wie sonst kann jemand auf die Idee kommen, Mainklein mit Mödlareuth zu vergleichen. Vor einer Woche demonstrierten die Mainkleiner gegen die geplante Schließung ihres zweiten Bahnübergangs. Dabei war auf einem Schild zu lesen: "Kein Mödlareuth für Mainkleiner Leut!" Liebe Mainkleiner, ich gebe euch ein bisschen Nachilfe in Geschichte. Mödlareuth wurde von der DDR mit einer Mauer und und Stacheldraht geteilt. An der Grenze galt der Schießbefehl. Der Vergleich dieser Todesgrenze mit einem aufgelassenen Bahnübergang ist einfach nur geschmacklos.

Ich gehe mal auf ein paar Argumente ein, die die Mainkleiner gegen eine Schließung des Bahnübergangs vorgebracht haben. Friseurmeisterin Ulrike Marr verglich die Situation mit der zeitweisen Schließung beider Bahnübergänge wegen Baumaßnahmen. Das ist natürlich Quatsch. Nach der Schließung des Bahnübergangs bleibt selbstverständlich der Hauptbahnübergang erhalten. Zudem war auch während der Baumaßnahmen Mainklein über Maineck zu erreichen, auch der Friseursalon Marr.

Die Bauhofmitarbeiter können auch weiterhin zum Spielplatz fahren. Der Umweg beträgt ca. 700 m. Dank Diesel- anstatt Tretantrieb ist das ohne Weiteres machbar. Warum große Löschfahrzeuge einen Brandherd über den Bahnübergang Ost nicht erreichen können, erschließt sich mir nicht. Ein LKW mit Anhänger kann anscheinend Futtermittel liefern und den Ort passieren. Wenn große Fahrzeuge am Ortsende bisher nicht wenden können, kann man dort eine Wendeschleife bauen.

Ich weiß auch nicht, was gefährlicher ist: Die Bundesstraße an einer ungesicherten Stelle zu überqueren, um zum Wirtshaus zu kommen, oder an einer durch Ampeln gesicherten Stelle. Der Weg zum Wirtshaus ist auch über den Bahnübergang West nur über einen unbeleuchteten Weg zu erreichen. Aber ich nehme an, dass das aktuell den Mainkleinern nichts ausmacht, weil sie Taschenlampen haben.

Anstatt nur zu demonstrieren, hätten die Mainkleiner lieber mal noch die Planfeststellungsunterlagen gelesen und ihre Einwände so formuliert, dass sie Hand und Fuß haben. Der Stadtrat täte gut daran, die Formulierungen der Mainkleiner nicht eins zu eins zu übernehmen, sondern durch die Verwaltung so aufbereiten zu lassen, dass die Argumentation hieb- und stichfest ist.

In den Unterlagen steht auch, warum die Variante 3 (Bahnübergang erhalten), nicht ohne Weiteres funktioniert:

"Die im I. bzw. IV. Quadranten befindliche Einmündung kann auch im Rahmen eines Umbaus aufgrund der dichten Bebauung nicht aus dem 27m-Räumbereich heraus gelegt werden und es wäre aufgrund der  Bebauung  das  Abbiegen  in  dieser  Einmündung  für  bestimmte Fahrbeziehungen  zu  unterbinden. Um  die  erforderliche  Fahrbahnbreite  von  6,35  Meter  herzustellen,  wäre  eine  erhebliche  Inanspruchnahme von privaten Grundstücken notwendig. Zudem wäre aufgrund der Bebauung das Abbiegen in der oben genannten Einmündung für bestimmte Fahrbeziehungen zu unterbinden. Aufgrund des geringen Abstands zwischen dem Bahnübergang und Einmündung der BÜ-kreuzenden Straße in die Bundesstraße 289 im II. Quadranten ist die Straße weiterhin in der bereits vorhandenen Linienführung zu gestalten. Durch die engen Radien ist die Fahrbahn jedoch unter Inanspruchnahme mehrerer Grundstücke aufzuweiten. Entsprechend der heutigen Einschränkung ist das Rechtsabbiegen in die Bundesstraße 289 von der BÜ-kreuzenden Straße zu unterbinden. Aufgrund der geringen verkehrlichen Belastung, den Alternativen und den ersichtlichen Umfängen, insbesondere im Hinblick auf die Grundstücksinanspruchnahme wird diese Variante nicht weiter betrachtet."

Der 27-m-Räumbereich ist der Bereich, der hinter dem Bahnübergang frei bleiben muss, damit auch ein langes Fahrzeug sicher den Bahnübergang passieren kann, damit es nicht teilweise den Bahnübergang blockiert, wenn es verkehrsbedingt anhalten muss. Der Räumbereich wird am Bahnübergang West in Richtung Burgkunstadt nicht eingehalten, weil anscheinend die Einmündung in die Bundesstraße weniger als 27 m vom Bahnübergang entfernt ist.


7. Februar 2021

Burgkunstadt: Keine Stadt der Gesetzlosen?

Bevor mir jemand auf die Schliche kommt, gestehe ich es lieber gleich zu Beginn: Die Überschrift habe ich von diesem Artikel im Obermain-Tagblatt geklaut - bis auf das Fragezeichen: Das stammt von mir. Anscheinend entstand der Artikel, weil ich mal wieder auf den fehlenden Haushaltsplan hingewiesen habe. Die einzigen Ansprechpartner, die dem Redakteur zu meinem Beitrag eingefallen sind, sind die Kritisierten selbst: das Landratsamt (wer immer das auch sein mag) und die Kämmerin Heike Eber. Vor dieser Vorgehensweise warnte Eduard von Bauernfeld schon 1870 in diesem Vierzeiler:

                                "Ein schlammiger Teich wird trocken gelegt,
                                die Frösche quaken und klagen;
                                doch wer Verbesserungsprojecte hegt,
                                wer wird darum die Frösche fragen?"

Eigentlich könnte ich es dabei bewenden lassen, aber ich will trotzdem das Quaken der Frösche kommentieren. Das erste Argument des Landratsamtes lautet: Bisher hat es noch keine Kommune im Landkreis geschafft, den Haushalt rechtzeitig zu verabschieden. Wir haben das schon immer so gemacht. Das mag zwar in Lichtenfels so sein, es gibt aber in Bayern Gemeinden, die sich tatsächlich an die Vorgabe der Gemeindeordnung halten. Man sollte sich die Besten zum Vorbild nehmen, wenn man sich verbessern will, nicht die Schlechtesten. Das war schon in der Schule so.

Art. 65, Abs. 2 der Gemeindeordnung lautet: "Die Haushaltssatzung ist mit ihren Anlagen spätestens einen Monat vor Beginn des Haushaltsjahres der Rechtsaufsichtsbehörde vorzulegen." Das Haushaltsjahr beginnt am 1. Januar. Ein Monat vorher ist der 30. November. Mir ist schleierhaft, wie man diesen Absatz des Gesetzes anders auslegen kann. Was eine Gemeinde in der haushaltslosen Zeit darf, ist in Art. 69 geregelt. Auch hier sind die Vorschriften eindeutig, sodass nur wenig Platz für Interpretationen bleibt.

Der Bürgerverein hat nicht kritisiert, dass die Verwaltung sich um Fördermittel der RZWas bemüht, sondern dass der Beschluss schwammig formuliert war.

Dann lasse ich mal noch Heike Eber zu Wort kommen: "'Seriös kann ich einen Haushaltsplan erst im Frühjahr aufstellen, wenn ich die notwendigen Eckdaten für die wichtigsten Faktoren habe', erklärt Heike Eber." Es ist gut, dass Eber von sich spricht. Anscheinend gibt es nämlich Kämmerer, die den Haushaltsplan bis Ende November fertigstellen können (siehe oben). Ein Nachtragshaushalt bedeutet auch nicht, den Haushaltsplan komplett neu zu erstellen, sondern nur, den alten anzupassen. Heutzutage werden die 4 1/2 Personen in der Kämmerei durch die EDV extrem entlastet. Man denke nur an die EDV-lose Zeit, als Haushaltspläne mit Papier, Bleistift und mechanischer Rechenmaschine erstellt wurden.

Es kann schon rein biologisch nicht stimmen, dass Eber die doppelte Arbeit leisten muss. Wenn ich von einem normalen 8-Stunden-Tag ausgehe, müsste sie, bei doppelter Arbeit auch doppelt so lange arbeiten, also 16 Stunden. Dann blieben ihr noch 8 Stunden für Essen, Schlafen und Arbeitsweg. Das scheint mir doch ein wenig übertrieben. Ein bisschen kommt sie mir vor wie meine Oma. Die brüstete sich auch gerne mit ihrer Arbeit: "Ich bin aufgestanden, habe gefrühstückt, gewaschen, geputzt, gebügelt, gekocht, Müll rausgebracht und eingekauft. Und du - damit war mein Opa gemeint - sitzt den ganzen Tag nur in deinem Büro." Liebe Frau Eber, seien Sie nicht wie meine Oma, sondern tun Sie einfach ihre Arbeit, für die Sie bezahlt werden.

Zu guter Letzt noch ein paar Anmerkungen zum Kommentar von Gerhard Herrmann. Er beschwört den Geist der Gemeindeordnung. Wenn er sich ein bisschen in die Materie eingearbeitet hätte, wäre eine solche Geisterbeschwörung nicht nötig gewesen. Ein Gesetz bedarf nur der Auslegung, wenn es ungenau und schwammig formuliert ist. Auf die von mir zitierten Artikel 65 und 69 trifft das nicht zu. Gesetze sind keine graue Theorie, sondern Grundlagen unseres Rechtsstaates.

Wenn es nach den Fröschen und Gerhard Herrmann ginge, könnte ich auch den Geist der Straßenverkehrsordnung beschwören, wenn ich in der Zone 20 in Burgkunstadt geblitzt werden würde. Die Argumentation ginge dann so: Es hält sich sowieso keiner an die Beschränkung. Mein Auto kann im 3. Gang leider minimal nur 30 fahren. 20 ist nur graue Theorie. Da muss man zwischen Theorie und Praxis abwägen. Hat jemand schon mal eine solche Diskussion erfolgreich mit einem Polizisten geführt?

Übrigens bin ich nicht im Stadtrat und habe keinerlei offizielle Funktion im Bürgerverein. Ich spreche nur für mich und übernehme dafür auch die Verantwortung. Die rituelle Erinnerung an die rechtzeitige Verabschiedung des Haushalts und die Erinnerung an den Amtseid der Stadträte stammt von mir. Es mag Herrmann anmaßend erscheinen, die Stadträte an ihren Amtseid zu erinnern, für mich ist es gelebte Demokratie.

Für alle Beamten, die sich nicht mehr an ihre Vorlesungen zum Haushaltsrecht erinnern (und für alle Interessierten), ist hier das Skript "Einführung in das kommunale Haushaltsrecht" von einem Kämmerer, der anscheinend sein Handwerk versteht. Auf Seite 48 behandelt er den Grundsatz der Rechtzeitigkeit - ohne Wenn und Aber und ohne Geisterbeschwörung.