7. Februar 2021

Burgkunstadt: Keine Stadt der Gesetzlosen?

Bevor mir jemand auf die Schliche kommt, gestehe ich es lieber gleich zu Beginn: Die Überschrift habe ich von diesem Artikel im Obermain-Tagblatt geklaut - bis auf das Fragezeichen: Das stammt von mir. Anscheinend entstand der Artikel, weil ich mal wieder auf den fehlenden Haushaltsplan hingewiesen habe. Die einzigen Ansprechpartner, die dem Redakteur zu meinem Beitrag eingefallen sind, sind die Kritisierten selbst: das Landratsamt (wer immer das auch sein mag) und die Kämmerin Heike Eber. Vor dieser Vorgehensweise warnte Eduard von Bauernfeld schon 1870 in diesem Vierzeiler:

                                "Ein schlammiger Teich wird trocken gelegt,
                                die Frösche quaken und klagen;
                                doch wer Verbesserungsprojecte hegt,
                                wer wird darum die Frösche fragen?"

Eigentlich könnte ich es dabei bewenden lassen, aber ich will trotzdem das Quaken der Frösche kommentieren. Das erste Argument des Landratsamtes lautet: Bisher hat es noch keine Kommune im Landkreis geschafft, den Haushalt rechtzeitig zu verabschieden. Wir haben das schon immer so gemacht. Das mag zwar in Lichtenfels so sein, es gibt aber in Bayern Gemeinden, die sich tatsächlich an die Vorgabe der Gemeindeordnung halten. Man sollte sich die Besten zum Vorbild nehmen, wenn man sich verbessern will, nicht die Schlechtesten. Das war schon in der Schule so.

Art. 65, Abs. 2 der Gemeindeordnung lautet: "Die Haushaltssatzung ist mit ihren Anlagen spätestens einen Monat vor Beginn des Haushaltsjahres der Rechtsaufsichtsbehörde vorzulegen." Das Haushaltsjahr beginnt am 1. Januar. Ein Monat vorher ist der 30. November. Mir ist schleierhaft, wie man diesen Absatz des Gesetzes anders auslegen kann. Was eine Gemeinde in der haushaltslosen Zeit darf, ist in Art. 69 geregelt. Auch hier sind die Vorschriften eindeutig, sodass nur wenig Platz für Interpretationen bleibt.

Der Bürgerverein hat nicht kritisiert, dass die Verwaltung sich um Fördermittel der RZWas bemüht, sondern dass der Beschluss schwammig formuliert war.

Dann lasse ich mal noch Heike Eber zu Wort kommen: "'Seriös kann ich einen Haushaltsplan erst im Frühjahr aufstellen, wenn ich die notwendigen Eckdaten für die wichtigsten Faktoren habe', erklärt Heike Eber." Es ist gut, dass Eber von sich spricht. Anscheinend gibt es nämlich Kämmerer, die den Haushaltsplan bis Ende November fertigstellen können (siehe oben). Ein Nachtragshaushalt bedeutet auch nicht, den Haushaltsplan komplett neu zu erstellen, sondern nur, den alten anzupassen. Heutzutage werden die 4 1/2 Personen in der Kämmerei durch die EDV extrem entlastet. Man denke nur an die EDV-lose Zeit, als Haushaltspläne mit Papier, Bleistift und mechanischer Rechenmaschine erstellt wurden.

Es kann schon rein biologisch nicht stimmen, dass Eber die doppelte Arbeit leisten muss. Wenn ich von einem normalen 8-Stunden-Tag ausgehe, müsste sie, bei doppelter Arbeit auch doppelt so lange arbeiten, also 16 Stunden. Dann blieben ihr noch 8 Stunden für Essen, Schlafen und Arbeitsweg. Das scheint mir doch ein wenig übertrieben. Ein bisschen kommt sie mir vor wie meine Oma. Die brüstete sich auch gerne mit ihrer Arbeit: "Ich bin aufgestanden, habe gefrühstückt, gewaschen, geputzt, gebügelt, gekocht, Müll rausgebracht und eingekauft. Und du - damit war mein Opa gemeint - sitzt den ganzen Tag nur in deinem Büro." Liebe Frau Eber, seien Sie nicht wie meine Oma, sondern tun Sie einfach ihre Arbeit, für die Sie bezahlt werden.

Zu guter Letzt noch ein paar Anmerkungen zum Kommentar von Gerhard Herrmann. Er beschwört den Geist der Gemeindeordnung. Wenn er sich ein bisschen in die Materie eingearbeitet hätte, wäre eine solche Geisterbeschwörung nicht nötig gewesen. Ein Gesetz bedarf nur der Auslegung, wenn es ungenau und schwammig formuliert ist. Auf die von mir zitierten Artikel 65 und 69 trifft das nicht zu. Gesetze sind keine graue Theorie, sondern Grundlagen unseres Rechtsstaates.

Wenn es nach den Fröschen und Gerhard Herrmann ginge, könnte ich auch den Geist der Straßenverkehrsordnung beschwören, wenn ich in der Zone 20 in Burgkunstadt geblitzt werden würde. Die Argumentation ginge dann so: Es hält sich sowieso keiner an die Beschränkung. Mein Auto kann im 3. Gang leider minimal nur 30 fahren. 20 ist nur graue Theorie. Da muss man zwischen Theorie und Praxis abwägen. Hat jemand schon mal eine solche Diskussion erfolgreich mit einem Polizisten geführt?

Übrigens bin ich nicht im Stadtrat und habe keinerlei offizielle Funktion im Bürgerverein. Ich spreche nur für mich und übernehme dafür auch die Verantwortung. Die rituelle Erinnerung an die rechtzeitige Verabschiedung des Haushalts und die Erinnerung an den Amtseid der Stadträte stammt von mir. Es mag Herrmann anmaßend erscheinen, die Stadträte an ihren Amtseid zu erinnern, für mich ist es gelebte Demokratie.

Für alle Beamten, die sich nicht mehr an ihre Vorlesungen zum Haushaltsrecht erinnern (und für alle Interessierten), ist hier das Skript "Einführung in das kommunale Haushaltsrecht" von einem Kämmerer, der anscheinend sein Handwerk versteht. Auf Seite 48 behandelt er den Grundsatz der Rechtzeitigkeit - ohne Wenn und Aber und ohne Geisterbeschwörung.

3 Kommentare:

  1. Hallo Herr Weickert, Sie haben zu 100 % Recht. Es biegen sich einem die Fußnägel, wie sich Stadt BKS und das Landratsamt LIF die Geschichte zurechtbiegen und der Zeitungsredakteur unreflektiert ins gleiche Horn stößt. Das sind Vorgänge, die letzten Endes leider solche befremdlichen Bewegungen wie AfD oder Querdenker oder was es sonst noch so alles gibt (ungewollt) befördern. Über den Niedergang der Tageszeitungen braucht man ja auch kein Wort mehr zu verlieren. In den letzten Jahrzehnten haben sich deren Auflagen halbiert. Schuld sei aus deren Sicht das Internet, aber das trifft's wahrscheinlich auch nicht ganz, denn überall sind die kleinen und mittleren Tageszeitungen zu Durchblasinstrumenten für geschönte Pressemeldungen aus den Rathäusern und Landratsämtern verkommen, nicht nur Im Landkreis LIF-STE.

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  2. Gesetz ist Gesetz!
    Man stelle sich vor ein Bürger weigert sich seine Wasser und Abwassergebühren
    nicht zu bezahlen mit der Begründung, er wisse ja noch nicht wie viel Wasser er verbrauchen wird. Oder er zahlt keine GEZ Gebühren weil er weder fern schaut noch Radio hört. Die Folgen sind hinreichend bekannt. Wenn das Gesetz nicht umsetzbar ist sollte es geändert oder angepasst werden.
    Denn, lieber Herr Hermann:Gesetz ist eben nun mal Gesetz und gilt für alle, auch für Behörden.
    MfG Klaus

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  3. Sehr geehrter Herr Weickert,
    machen Sie weiter so und bleiben Sie kritisch!
    Nebenbei bemerkt: Ich habe mein OT-Abo schon länger gekündigt und teile mir nun ein Abo. Gleicher Nutzen - halber Preis!

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