In seinem Vortrag über Kuni Tremel-Eggert schlug der Literaturwissenschaftler Professor Ralf Georg Czapla vor, "zwischen der öffentlichen Person, die sich schuldig gemacht habe, indem sie sich den Nazis andiente, und der privaten Person, die in ihren Tagebüchern (nicht veröffentlicht) keinerlei Nähe zur Nazi-Ideologie zeige" zu unterscheiden. Er streicht ihre schriftstellerische Leistung vor der Zeit des NS-Regimes hervor. Eine Person aber, die öffentlich anders redet und handelt, als privat denkt, ist nichts anderes als ein gnadenloser Opportunist. Eine Person, die sich öffentlich schuldig macht, ist schuldig, auch wenn sie privat vielleicht anders dachte. Ein Einbrecher, der in seinem Tagebuch schreibt, dass er das Einbrechersein nicht mag, ist trotzdem ein Einbrecher.
Der Opportunismus Tremel-Eggerts zeigte sich dann auch darin, dass sie nach dem Krieg Teile ihrer Romane wieder umgeschrieben hat: "Als ein Zeichen dafür, dass sie die Problematik ihrer Parteinahme eingesehen habe, wertete Czapla auch Änderungen von Teilen ihrer Werke bei Neuauflagen, in denen sie die NS-Zeit als unheilvoll darstellt." Hätte sie ihre Werke wohl umgeschrieben, wenn sie durch die neuen Gegebenheiten nicht gezwungen worden wäre? Wohl kaum.
Jemand, der Angesichts der Verbrechen gegen seine jüdischen Mitbürger hetzt, ist ein Täter, egal, ob das die öffentliche oder die private Person tut. Straßen nach Tätern zu benennen, ist ein verbrecherischer Akt gegenüber den Opfern. In meinem Beitrag "Freund Sansibar" hatte ich schon 2015 die Umbenennung der Straße gefordert. Ich halte diese Forderung aufrecht. Wenn der Stadtrat wirklich mit Vergangenheitsbewältigung etwas am Hut hat, behandelt er dieses Thema.
Wenn Czapla die Tagebücher Tremel-Eggerts veröffentlichen will, kann er das gerne tun, wenn er die Urheberrechte daran hat. Ein öffentliches Interesse besteht nicht. Man muss ihr Grab nicht planieren, es reicht schon, es aufzulassen. Das Geburtshaus muss man nicht abreißen, man kann die Gedenktafel abmontieren oder durch eine Tafel ersetzen, die ihrer Nazivergangenheit Rechnung trägt. Was man auf jeden Fall aber unterlassen sollte, sind Gedenkveranstaltungen zu Ehren Kuni Tremel-Eggerts.
Als Jugendlicher habe ich mich immer gewundert, warum nach dem Krieg in Burgkunstadt plötzlich alle Demokraten waren. Später wurde mir klar, dass die Nazivergangenheit nur gekonnt unter den Teppich gekehrt wurde. Wer sich seiner Vergangenheit nicht stellt, hat aber auch keine Zukunft. Es ist wirklich höchste Zeit, dass sich Burgkunstadt seiner Vergangenheit stellt.
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