20. Juli 2020

Liebe Freunde (m/w/d) des Korrektsprechs

Frauen werden in vielen Bereichen gegenüber Männern benachteiligt, seien es Entlohnung, Aufstiegsmöglichkeiten, Politik und Religion - keine Frage. Noch schwerer haben es Menschen mit unbestimmten Geschlechtsmerkmalen oder einer vom biologischen Geschlecht abweichenden Geschlechtsidentität. Sie werden mit „divers“ bezeichnet. Offiziell gibt es jetzt also männliche, weibliche und diverse Menschen.

Vor noch nicht gar zu langer Zeit gab es nur männliche und weibliche Menschen. Zu dieser Zeit hatten die Kämpferinnen für die Gleichberechtigung die glorreiche Idee, die deutsche Sprache für ihren Kampf einzuspannen. Es reicht ihnen also nicht mehr, wenn bei Sammelbegriffen, bei denen unzweifelhaft beide biologische Geschlechter gemeint sind, das grammatikalische männliche Geschlecht zu verwenden, nein, es muss auch noch das weibliche her.

Das Problem ist, dass „Geschlecht“ im Deutschen mehrere Bedeutungen hat, nämlich beispielsweise das biologische Geschlecht (lateinisch Sexus) und das grammatikalische Geschlecht (Genus). Genus bedeutet ursprünglich Abstammung, Herkunft. In diesem Sinn wird Geschlecht auch im Deutschen verwendet. Ich stamme beispielsweise aus dem Geschlecht der Weickert.

Weil das Nennen beider grammatikalischer Geschlechter aber auch der schnell schreibenden Feministin zu lange dauert, wurden so grässliche Dinge wie das Binnen-I oder der Gender-Stern erfunden: SchülerInnen, Schüler*innen. Ich konnte sogar schon im Fernsehen erleben, wie Sprecher*innen versuchten, den Gender-Stern zu sprechen. Das hört sich dann etwas abgehackt an: Schüler-------innen.

Seit 2006 gibt es das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Art.1 AGG nennt das Ziel des Gesetzes: „Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.“ Das AGG formuliert Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz konkret aus. Der Grundgesetzabsatz lautet: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Das ist gut so.

In der Praxis hat das dazu geführt, dass Firmen in Stellenanzeigen nicht mehr „einen Mitarbeiter“ suchten, sondern „eine/einen Mitarbeiter/in“, um nicht wegen Verstoßes gegen das AGG belangt zu werden. Die Frage stellt sich natürlich, warum ausgerechnet alle Sexus in der Stellenanzeige genannt und nicht auch alle Hautfarben und Religionen aufgezählt werden müssen.  Weil sich mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass es einen dritten Sexus gibt, steht jetzt in den Stellenanzeigen: Wir suchen einen Mitarbeiter (m/w/d). Es wird also wieder „der Mitarbeiter“ gesucht, aber mit dem Hinweis, dass alle Sexus gemeint sind. Als ob wir das nicht auch ohne „(m/w/d)“ wüssten.

Mit dem Aussprechen dieser Selbstverständlichkeit in Kreisen der Anhänger (m/w/d) des Korrektsprechs wird es jetzt aber schwierig. Ich schlage daher vor, hinter jede Personenbezeichnung ein „emwede“ zu sprechen. Ich hoffe, liebe Leser emwede, Sie halten sich zukünftig an diese neue Korrektsprechregel.

 

16. Juli 2020

Angst vor abgeschaltetem Sendemast

Die Bürgerinitiative Mobilfunkangsthasen – ach nein, sie nennen sich ja Bürgerinitiative Mobilfunkstandort Altenkunstadt (BI) – hat sich im Obermain-Tagblatt (14.07., Seite 9) unter der Überschrift „Den Mast auf dem Hochhaus endlich abbauen“ mal wieder zu Wort gemeldet und von ihren Taten berichtet. Anscheinend wurde der Artikel unbesehen von der Redaktion übernommen, weil kein Verfasser angegeben ist. So wurde der BI wieder einmal Gelegenheit geboten, ihren naturwissenschaftlichen Unsinn ohne jegliche Anmerkung der Redaktion zu verbreiten. Das sah bei meinem Bericht ganz anders aus. Dort fühlte sich der Redakteur bemüßigt anzumerken, dass es viele Wissenschaftler gäbe, die eine Wirkung der Mobilfunkstrahlung über eine Erwärmung hinaus sähen, was aber einfach nicht stimmt. Beim BI-Bericht hingegen wäre eine Anmerkung, dass die überwältigende Mehrheit der Wissenschaftler die Thesen der BI für Unsinn hielten, wohl angebracht gewesen.

Besonders stolz ist die BI darauf, dass sie den Sendemast auf den Külmitz verbannt hat. Damit könnten 4000 Bürger flächendeckend mit Mobilfunk versorgt werden. Das ist schön. Der Haken an der Geschichte ist, dass der Mast jetzt mit einer höheren Leistung betrieben werden muss, damit die Altenkunstadter Empfang haben, als wenn er im Ort stände. Der noch größere Haken ist aber, dass jetzt alle Mobiltelefone im Ort mit höherer Leistung senden müssen, damit sie mit dem abseits gelegenen Mobilfunkmast Verbindung aufnehmen können. Das ist doch wohl das Gegenteil von dem, was die BI erreichen wollte.

„‘Sinn macht dieser Mast natürlich nur, wenn er auch strahlenminiert betrieben wird‘, betont BI-Sprecher Dietmar Schuberth. Eine regelmäßige ‚Strahlungskontrolle‘ habe die Bürgerinitiative beantragt.“ Da kann ich die BI beruhigen: Jeder Sendemast wird so betrieben, dass er die geltenden Grenzwerte einhält. Jeder Mobilfunkbetreiber ist daran interessiert, die Sendeleistung auf das Nötigste zu begrenzen, schon weil mehr Sendeleistung auch mehr Strom verbraucht und der kostet bekanntlich Geld. Wenn die Gemeinde Altenkunstadt ihr Geld für Strahlungskontrollen verschwenden will, damit Dietmar Schuberth besser schlafen kann, kann sie das natürlich tun. Die Messungen werden aber nichts daran ändern, dass der Sendemast die deutschen Grenzwerte einhält.

Die BI fordert wieder den Abbau des stillgelegten Funkmastes auf dem Hochhaus. Anscheinend glauben die BI-ler, dass der Mast durch den langjährigen Betrieb strahlenverseucht sei. Vielleicht haben sie auch Angst, dass der Mast heimlich weiter in Betrieb ist. Für mich ist dieses Verhalten paranoid.

„‘Aufgrund der enormen Strahlenerhöhung, der geringen nützlichen Effekte und eines zu erwartenden Sendeanlagenwildwuchses ist 5G abzulehnen‘, erklärt Schuberth.“ Es ist richtig, dass man für höhere Datenraten, wie bei 5G vorgesehen, eine höhere Übertragungsfrequenz und damit mehr Sender braucht, weil höhere Funkfrequenzen eine geringere Reichweite haben. Daraus zu schließen, dass dadurch auch die Feldstärken höher würden, ist ein laienhafter Fehlschluss. Mehr Sender bedeutet, dass jeder Sender mit deutlich geringerer Leistung betrieben wird. Ein Wildwuchs wird nicht stattfinden, weil auch 5G-Sender genehmigt werden müssen.

Wenn Schuberth meint, der aktuelle Mobilfunkausbau reiche für die Wirtschaftsunternehmen, könnte er doch einfach mal ortsansässige Unternehmen wie Baur fragen, ob das wirklich stimmt. Nach seiner Meinung ist der Glasfaserausbau viel wichtiger als Mobilfunk. Ich wusste bisher noch nicht, dass die Hermeslaster Glasfaserleitungen hinter sich herziehen, um mit der Zentrale Daten auszutauschen. Natürlich ist der Glasfaserausbau wichtig, aber der Mobilfunkausbau ist genauso wichtig.

Seine Weisheiten bezieht Schuberth anscheinend hauptsächlich von „diagnose: funk“, einer Organisation, die, bar jeder wissenschaftlichen Vernunft, Ängste vor Funkstrahlung schürt. Wer wirklich an seriöser Information interessiert ist, dem empfehle ich als erste Anlaufstelle das Bundesamt für Strahlenschutz mit dem Themenbereich Elektromagnetische Felder oder meinen Blog, der auf seriöse Quellen verweist (s. o.). Und damit kein Missverständnis auftritt:

Mobilfunkstrahlung kann, bei ausreichend hoher Intensität, nur zu einer Erwärmung führen. Sonst nichts!

 

 

13. Juli 2020

Covidioten in Burgkunstadt

Wer es nicht wissen sollte: Die Corona-Infektionen steigen weltweit rasant. Deutschland hat das Infektionsgeschehen zwar einigermaßen im Griff, deswegen leben wir aber nicht in einer coronafreien Zone, auch nicht in Burgkunstadt. In Bayern gilt weiterhin die Sechste Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung. Wie ich darauf komme? Nun, in der heutigen Ausgabe des Obermain-Tagblatts strahlten mir auf der Burgkunstadter Seite (Seite 10) von zwei Bildern die Gesichter weltlicher und geistlicher Honoratioren und Würdenträger entgegen, die sich darum nicht scheren.

Das erste Bild zeigt den neugewählten Kirchleiner Ortssprecher Clemens Müller im Kreise der Bürgermeisterinnen und Mitgliedern der Stadtverwaltung. Art. 1 Absatz 1 der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung sagt dazu: „Jeder wird angehalten, die physischen Kontakte zu anderen Menschen auf ein Minimum zu reduzieren und den Personenkreis möglichst konstant zu halten. Wo immer möglich, ist ein Mindestabstand zwischen zwei Personen von 1,5 m einzuhalten.“ 1,5 m sind bei mir etwas mehr als zwei Armlängen, und ich habe sehr lange Arme. Eine so zierliche Person wie Bürgermeisterin Christine Frieß muss da bestimmt zweieinhalb Armlängen Abstand halten. Auf dem Foto ist es eher eine Armlänge zum Ortssprecher. Rudi Steuer verwechselte vielleicht Armlänge mit Armdicke: Der Abstand zum Ortssprecher beträgt etwa 2,5 Armdicken.

Das zweite Bild zeigt die drei Mainrother Erstkommunionkinder mit Geistlichkeit und Ministranten, na sagen wir mal, im Kuschelabstand. Art. 6 der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung sagt dazu: „Bei Gottesdiensten und Zusammenkünften in Gebäuden bestimmt sich die zulässige Höchstteilnehmerzahl nach der Anzahl der vorhandenen Plätze, bei denen ein Mindestabstand von 1,5 m zu anderen Plätzen gewahrt wird; zwischen den Teilnehmern ist, soweit diese nicht dem in § 2 Abs. 1 Nr. 1 genannten Personenkreis angehören, grundsätzlich ein Mindestabstand von 1,5 m einzuhalten.“ Und weiter: „Für die Besucher gilt Maskenpflicht, solange sie sich nicht an ihrem Platz befinden.“

Ich gehe mal davon aus, dass die abgebildeten Personen nicht alle miteinander verwandt sind oder in einem gemeinsamen Hausstand leben (§ 2 Abs. 1 Nr. 1). Zumindest die Kinder hätten also auf dem Bild Masken tragen müssen, weil sie sich nicht an ihrem Platz aufhielten. Zudem hätten alle mindestens 1,5 m Abstand halten müssen.

Es ist verantwortungslos, dass sich Personen wie Bürgermeisterin und Priester, die eine Vorbildfunktion ausüben sollen, nicht an staatliche Verordnungen halten. Es geht hier nicht um Falschparken oder einmal die Straße nicht kehren, sondern um unser aller Gesundheit und wirtschaftliches Wohlergehen. Zu meiner Zeit nannte man das Solidarität. Der Gipfel ist, sich bei einem so unsolidarischen Verhalten auch noch für die Zeitung fotografieren zu lassen. Covidioten gibt es anscheinend nicht nur in Berlin und auf Mallorca, sondern auch in Burgkunstadt. Für etwas einfacher gestrickte Menschen gibt es die Infektionsschutzmaßnahmenverordnung auch in Leichter Sprache -  falls die Stadtverwaltung Bedarf hat.