7. Juli 2020

Kritiker mundtot gemacht

Professor Stefan Piltz, Ärztlicher Direktor des Regiomed-Klinikums Coburg, verwahrte sich gegen unberechtigte Kritik am Regiomed-Verbund im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Er hat mit seiner Darstellung sicherlich Recht. Alle Ärzte und Pfleger in allen Krankenhäusern waren und sind sehr engagiert im Kampf gegen Corona. Dabei passieren auch Fehler, aber auch das darf man niemandem, der so unter Stress steht, zum Vorwurf machen, wenn er sich an die Regeln hält.

Leider kam bei diesem Pressegespräch nicht zur Sprache, dass der Chefhygieniker des Regiomed-Verbundes, Professor Klaus-Dieter Zastrow, im gegenseitigen Einvernehmen aus seinem Vertrag ausscheidet. Was „im gegenseitigen Einvernehmen ausscheiden“ heißt, wissen wohl alle: Wenn du nicht freiwillig kündigst, feuern wir dich und das macht sich nicht gut in deinem Lebenslauf.

Anscheinend ist Zastrow einigen Leuten auf den Schlips getreten. Zastrow hatte dem Landkreis Sonneberg völliges Versagen in der Corona-Pandemie vorgeworfen. Wir erinnern uns: Sonneberg war lange Zeit ein Corona-Brennpunkt. Und weil so heftige Kritik nicht ertragen werden kann, will der Landkreis Zastrow wegen übler Nachrede und Verleumdung anzeigen.

Was hat der Professor Schlimmes gesagt? Er sagte, dass die 20 Mitarbeiter des Klinikums Sonneberg, die sich mit Corona angesteckt hätten, dumm gewesen seien, weil sie sich anscheinend in ihrer Freizeit angesteckt hätten. In der Raucherpause oder am Frühstückstisch seien mehrmals Mitarbeiter ohne Schutzmaske eng beieinanderstehend oder -sitzend beobachtet worden. Er meinte auch, dass das Gesundheitsamt Sonneberg besser und gezielter hätte ermitteln sollen, weil sich die Patienten nicht im Krankenhaus, sondern schon vorher angesteckt hätten (MDR). Über die Wortwahl des Professors kann man sicher streiten, nicht aber über die Fakten, die er vorbrachte. Übrigens hat er sich für den Ausdruck „dumm“ entschuldigt. Laut Hauptgeschäftsführer Alexander Schmidtke seien in Sonneberg Dinge passiert, die man hätte besser machen können.

Was lernen wir daraus? Regiomed verliert einen engagierten Hygiene-Professor, weil sich einige Leute auf den Schlips getreten fühlen. Regiomed wird dem Professor sicher einen Batzen Geld bezahlen, weil sein Vertrag vorzeitig aufgehoben wurde. Ein weiterer Batzen Geld wird fällig, weil ein gleichwertiger Nachfolger gesucht und gefunden werden muss. Solche Experten wachsen leider nicht auf Bäumen. Und weil Regiomed so klamm ist, werden die Anteilseigner irgendwie die Kosten dafür tragen müssen.

Und noch etwas lernen wir: Wenn man auf Missstände hinweist, muss man damit rechnen, wegen übler Nachrede und Verleumdung angezeigt und gegebenenfalls auch bestraft zu werden. Das gilt nicht nur in diesem Fall, sondern auch, wenn Sie, liebe Leser, beispielsweise vermuten, dass ein Kind vernachlässigt oder missbraucht wird und das dem Jugendamt melden oder bei der Polizei anzeigen.

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