Die große Stadtratsmehrheit hat sich in Burgkunstadt mal wieder gewundert, wozu Gesetze da sind. Kein Wunder in der Stadt der Gesetzlosen! Konkret ging es um Art. 69 der Bayerischen Gemeindeordnung. Darin ist geregelt, was Gemeinden dürfen, wenn sie bis zum Beginn des Haushaltsjahres keinen genehmigten Haushalt haben. Und wer hat wieder keinen genehmigten Haushalt? Richtig, Burgkunstadt.
Gemeinden ohne Haushalt dürfen nicht viel, insbesondere dürfen sie keine neuen Investitionen tätigen. Das sahen, bis auf Dr. Ulrike Dinglreiter und Manfred Weigand (beide Bürgerverein), die Stadträte ganz anders und beschlossen flugs ein Sanierungsprogramm für Kanal, Wasserleitung und Straßen für 6,72 Mio. €. Damit wollten sie der Stadt Zuschüsse aus Fördermitteln in Höhe von 3,5 Mio. € sichern. Zuschüsse zu sichern ist natürlich lobenswert. Wenn die Stadträte dem Vorschlag von Dinglreiter gefolgt wären und die Verwaltung beauftragt hätten, die Fördermittel zu beantragen und den Beschluss für die Investitionen gefasst hätten, wenn der Haushalt vorliegt, wäre alles in Ordnung und die Fördermittel wären trotzdem geflossen.
"Da half auch der Hinweis von Kämmerin Heike Eber nichts, dass es sich um einen Grundsatzbeschluss handele, um die Zuschüsse zu sichern und die einzelnen Vorhaben nach entsprechender Finanzierung im Haushalt nochmals dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt werden." (Obermain Tagblatt) Das Problem ist, dass im Beschlussvorschlag etwas ganz anderes steht: "Darüber hinaus beauftragt der Stadtrat die Verwaltung mit der schnellstmöglichen Umsetzung der vorgesehenen Maßnahmen und betraut die Verwaltung mit allen hierfür notwendigen Verfahrensschritten und Vertragsabschlüssen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Die Verwaltung hat den Stadtrat zeitgerecht über den jeweils aktuellen Sachstand zu informieren." Da steht nicht, dass dem Stadtrat die einzelnen Vorhaben noch einmal zur Entscheidung vorgelegt werden, der Stadtrat wird vielmehr nur informiert, wie viel die Verwaltung schon verpulvert hat.
Übrigens gab es auch schon ein Förderprogramm RZWas 18. Auch 2018 konnte man sich also schon Kanal und Wasserleitungen fördern lassen. Unsere Leitungen sind nicht erst seit Dezember 2020 marode. Daran ändert auch das Geschwafel von der Daseinsvorsorge nichts. Die Stadt hat es jahrzehntelang versäumt, die gesetzlich geforderten Untersuchungen am Kanalnetz durchzuführen. Wenn der liebe Bernd in den letzten Bürgerversammlungen und beim Petitionsausschuss des Landtags nicht immer so genervt hätte, wüssten wir bis heute nicht, was am Kanalnetz alles repariert werden muss und könnten die Zuschüsse gar nicht in Anspruch nehmen. Die vollen Reparaturkosten würden dann auf die Verbrauchsgebühren umgelegt. Wenn mir daher jemand ein Dankschreiben schicken möchte, kann er das gerne per E-Mail oder im Kommentarabschnitt tun.
Ein Schelmenstück der Verwaltung ist auch der letzte Satz im Beschlussvorschlag: "Notwendige Vertragsabschlüsse und Auftragsvergaben dürfen erst nach Vorliegen der haushaltsrechtlichen Würdigung durch das Landratsamt Lichtenfels getätigt werden." Anscheinend haben die Verwalter in der Beamtenschule gepennt, sonst wüssten sie, dass sie nichts vergeben dürfen, wenn kein Haushalt vorliegt. So wurde den Stadträten eingeredet, Papa Landrat richtet's schon, wenn der Kindergarten - pardon, es muss natürlich Stadtrat heißen - etwas Schlimmes gemacht hat.
In ihrem Amtseid haben die Stadträte geschworen: „Ich schwöre Treue dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung des Freistaates Bayern. Ich schwöre, den Gesetzen gehorsam zu sein und meine Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen. Ich schwöre, die Rechte der Selbstverwaltung zu wahren und ihren Pflichten nachzukommen, so wahr mir Gott helfe.“ Anscheinend nehmen das manche nicht so ernst oder sie glauben einfach alles, was sie von der Verwaltung vorgesetzt bekommen.
Und dann war da noch der Standpunkt von Gerhard Herrmann (Obermain Tagblatt vom 14. Januar). "Obwohl sie [Dinglreiter] die Sanierung grundsätzlich befürwortet, riskiert sie jedoch wegen rechtlicher Bedenken einen möglichen Zeitverlust." Den Zeitverlust riskiert nicht Dinglreiter, sondern die Verwaltung, die es nicht schafft, rechtzeitig einen Haushalt auf die Beine zu stellen oder die notwendigen Untersuchungen für Einrichtungen der Daseinsvorsorge - sprich Kanal und Wasserleitung - beizeiten durchzuführen. Weiter ist Herrmann der Meinung, dass kleine Kommunen, geschweige denn das Landratsamt Lichtenfels, rechtzeitig keinen Haushaltsplan erstellen könnten. Doch, das können sie! Und selbst wenn zusätzlich ein Nachtragshaushalt erstellt werden müsste, wäre das so schlimm? Würde sich die Erde auftun und das Rathaus ob dieser Ungeheuerlichkeit verschlingen? Nein, natürlich nicht. Kämmerin Heike Eber müsste einfach nur ein paar neue Zahlen in die EDV eingeben und die Änderung durch Stadtrat und Landratsamt genehmigen lassen.
Falls der Link auf den Beschlussvorschlag nicht mehr funktioniert, liegt das daran, dass die Stadtverwaltung die Sitzungsunterlagen gelöscht hat.