20. Juni 2020

Ein frischer Wind weht durch den Friedhof

Eine kleine Notiz erregte im gestrigen Obermain-Tagblatt (Seite 9) meine Aufmerksamkeit: „Friedhof: Grabschmuck an Urnenanlage nicht erlaubt“. Anscheinend wurde  kürzlich der Grabschmuck an der Urnenanlage und den anonymen Urnengräbern im Burgkunstadter Friedhof entfernt und im Fundbüro zur Abholung hinterlegt.

In der Friedhofs- und Bestattungssatzung steht dazu beispielsweise in § 18b: „Grabschmuck (Pflanzen, Blumen, Kerzen etc.) ist im gesamten Bereich der Urnenanlage nicht zulässig und kann durch das Friedhofspersonal ohne Rücksprache beseitigt werden.“ Soweit so Recht. Das Entfernen des Grabschmucks ohne Rücksprache ist ein Kann, kein Muss.

Der Grabschmuck stört oder gefährdet niemanden. Na gut, vielleicht fühlen sich ein paar Ästheten gestört oder der neue Friedhofsreferent Joachim Ruß musste beweisen, dass er mit eiserner Faust durchgreift. Anscheinend war der unzulässige Grabschmuck bis zu seiner Wahl kein Problem. Bei anderen wichtigeren Angelegenheiten, wie beispielsweise der Eigenüberwachung der Kanäle, zeigt sich die Stadt dagegen unendlich langmütig.

Die Akteure hätten sich im Vorfeld überlegen sollen, dass es sich beim Abräumen des Grabschmucks um eine sensible Angelegenheit handelt. Man hätte beispielsweise die betroffenen Personen bitten können, die Sachen selbst wegzuräumen, anstatt auf ihren Gefühlen herum zu trampeln.

Jeder Mensch trauert auf seine Weise. Manche bringen ihre Trauer zum Ausdruck, indem sie etwas an der Stelle, an der die Überreste eines geliebten Menschen liegen, etwas hinterlegen. Oder wenn ein Mensch durch einen Verkehrsunfall oder durch eine Gewalttat ums Leben kommt: Stellen dann nicht auch manchmal Menschen ein kleines Kreuz zur Erinnerung auf oder zünden Kerzen an? Auch das ist nicht erlaubt. Ich habe aber noch nie gelesen, dass eine Behörde diese Gedenkkreuze rigoros entfernt hätte.

„Außerdem bat die Bürgermeisterin um einen sachlichen Ton bei Anfragen an die Verwaltung oder die Referenten des Stadtrats“, endete der Bericht. Ein sachlicher Ton ist sicher geboten, man darf sich aber nicht wundern, dass manche unsachlich werden, wenn ihre tiefsten Gefühle verletzt werden.

 

 

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