2. Juni 2022

Abzocken und abkassieren?

Wozu gibt es Gesetze? Gesetze regeln das friedliche Zusammenleben von Bürgern in einem Staat. Sie sorgen dafür, dass der Schwache nicht benachteiligt wird. Sie schützen Gesundheit und Leben der Menschen. Das gilt natürlich auch für die Gesetze, die den Straßenverkehr reglementieren. Ohne diese Gesetze und Verordnungen wäre ein moderner Straßenverkehr nicht möglich.

Bereits 1910 trat in Deutschland der Vorläufer des heutigen Straßenverkehrsgesetzes inkraft. Geläufiger dürfte allen Kraftfahrern die Straßenverkehrsordnung sein. Jedem Führerscheininhaber sollte § 1 StVO noch im Gedächtnis sein:

"(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.
(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird."

Leider nützen die schönsten Gesetze und Verordnungen nichts, wenn ihre Einhaltung durch den Staat und seine Organe nicht überwacht wird und Regelverstöße nicht geahndet werden. Wir Menschen neigen eben dazu, uns nicht an Regeln zu halten, wenn wir meinen, Regelverstöße bringen uns einen Vorteil und niemand erwischt uns beim Brechen der Regeln.

Die mit Abstand häufigsten Verstöße gegen Verkehrsregeln sind Geschwindigkeitsverstöße. Bei den Unfallursachen liegen zu geringer Abstand und nicht angepasste Geschwindigkeit an dritter und vierter Stelle in der Statistik.

Der Burgkunstadter Stadtrat hat in seiner letzten Sitzung eine  semistationäre Geschwindigkeitsüberwachung abgelehnt. Das kann man tun, wenn man anderweitig dafür Sorge trägt, dass sich die Fahrzeugführer an die vorgeschriebene Geschwindigkeitsbegrenzungen halten. Etwas seltsam mutet allerdings die Begründung der zweiten Bürgermeisterin Susanne Bock von Wülfingen an: "'Wir wollen die Bürger nicht abkassieren, wenn nicht klar ist, was wir damit erreichen', kritisierte zweite Bürgermeisterin Susanne Bock von Wülfingen (FW). Sie forderte stattdessen, zusammen mit der bereits eingesetzten kommunalen Verkehrsüberwachung ein Konzept zu erarbeiten, 'das die Bürger nicht abzockt.'“

Bei einer Ahndung von Geschwindigkeitsüberschreitungen von "abkassieren" und "abzocken" zu sprechen, ist völlig daneben. Mit der Überwachung der Geschwindigkeit sollen Autofahrer nicht abkassiert und abgezockt werden, sie sollen vielmehr dazu angehalten werden, sich an die Verkehrsregeln zu halten, zum Schutz der schwächeren Verkehrsteilnehmer. Gesetze werden nicht gemacht, um Menschen zu quälen und abzukassieren, sondern um die Schwachen zu schützen. Und wenn die Gemeinde die Einhaltung der Gesetze nicht überwacht, macht sie sich mitschuldig an den Folgen der Gesetzesverstöße.

 



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