12. Februar 2020

Stadt und Landkreis der Gesetzlosen



In einer kurzen Notiz zur Burgkunstadter Stadtratssitzung im Obermain-Tagblatt vom 9. Februar auf Seite 18 konnte man lesen, dass „Bürgermeisterin Christine Frieß berichtete, dass das Landratsamt die Aufnahme eines Darlehens von 335 000 Euro für den Neubau der Straße von Eben nach Schmeilsdorf genehmigt hat.“ Diese Notiz nährt in mir den Verdacht, dass wir nicht nur in einer Stadt der Gesetzlosen, sondern auch in einem Landkreis der Gesetzlosen leben.

Um meinen Verdacht zu verstehen, muss man wissen, dass Burgkunstadt noch keine Haushaltssatzung für 2020 verabschiedet hat. Für schlampige Gemeinden, die ihren Haushaltsplan nicht bis 30. November des Vorjahres der Aufsichtsbehörde vorlegen, gilt Art.69 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern:

„(1) Ist die Haushaltssatzung bei Beginn des Haushaltsjahres noch nicht bekanntgemacht, so darf die Gemeinde

1. finanzielle Leistungen erbringen, zu denen sie rechtlich verpflichtet ist oder die für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sind; sie darf insbesondere Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen des Finanzhaushalts beziehungsweise des Vermögenshaushalts, für die im Haushaltsplan eines Vorjahres Beträge vorgesehen waren, fortsetzen,

2. die in der Haushaltssatzung jährlich festzusetzenden Abgaben nach den Sätzen des Vorjahres erheben,

3. Kredite umschulden,

4. Kassenkredite bis zu dem zuletzt in einer Haushaltssatzung festgesetzten Höchstbetrag oder, wenn besondere Umstände im Einzelfall eine Erhöhung rechtfertigen, auch darüber hinaus aufnehmen.“

Prüfen wir mal die einzelnen Punkte: Zum Baubeginn für die Straße ist Burgkunstadt nicht verpflichtet; was so lange vor sich hingegammelt hat, hat auch noch ein bisschen länger Zeit. Für den Bau der Straße waren im Haushaltsplan 2019 keine Mittel vorgesehen, nur für die Planung. Um Abgaben handelt es sich bei dem Kredit und dem Bau auch nicht, sondern um Ausgaben. Kredite werden mit dem neuen Kredit nicht umgeschuldet. Um einen Kassenkredit handelt es sich auch nicht, weil Kassenkredite nur dem Verwaltungshaushalt zuzuordnen sind.

Na gut, es gibt noch den Absatz 2: „Reichen die Deckungsmittel für die Fortsetzung der Bauten, der Beschaffungen und der sonstigen Leistungen nach Abs. 1 Nr. 1 nicht aus, darf die Gemeinde Kredite für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen bis zu einem Viertel des durchschnittlichen Betrags der für die vier Vorjahre festgesetzten Kredite aufnehmen. Eine angemessene Erhöhung dieser Kreditaufnahme ist zulässig, wenn besondere Umstände im Einzelfall die Erhöhung rechtfertigen.“ Aber auch dieser Absatz greift nicht: Es geht nicht – wie gesagt – um eine Fortsetzung einer Investitionsmaßnahme, sondern um eine neue Investition.

Ich fasse zusammen: Burgkunstadt hat keine gültige Haushaltssatzung, beantragt aber einen Kredit für eine Investition, die noch nicht begonnen wurde. Das verstößt gegen die Gemeindeordnung. Der Kreis, die Aufsichtsbehörde, genehmigt die Kreditaufnahme. Auch das verstößt gegen die Gemeindeordnung. Muss ich da nicht auf den Gedanken kommen, dass ich in einer Stadt und in einem Landkreis der Gesetzlosen lebe?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen