Im Haushaltsplan 2018 ist für das Freibad ein Defizit von 421.000 € angesetzt. Da fragt man sich als denkender Bürger schon, wie dieser Betrag zustande kommt. Leider fragte in der Sitzung kein Stadtrat danach und die Kämmerin Heike Eber hüllte sich sowieso die ganze Zeit über in Schweigen. Allerdings kann man im Netz den Plan 2017 finden. Nachdem sich zu 2018 keine allzu großen Änderungen ergeben dürften, habe ich mir mal die Mühe gemacht, die Einnahmen und Ausgaben zu analysieren. Ich habe dazu die Seite 111 des Haushaltsplans verwendet (Einzelplan 5, Unterabschnitt 5701, Badeanstalt).
2017 wurde mit 50.685 € Einnahmen und 405.000 € Ausgaben geplant, das ergab ein planerisches Defizit von 354.315 €. Bei den Einnahmen entfielen 36.000 € auf Badegebühren. Bei den Ausgaben beschränke ich mich auf die großen Brocken. Wasserkosten waren 34.000 € geplant und Strom 22.000 €. Das muss man sicher zunächst mal so hinnehmen.
Die Angestellten sollten 85.000 € Entgelt erhalten. Dabei muss man berücksichtigen, dass die Hilfskräfte (Kassiererinnen) oder Lohnzusatzkosten darin nicht enthalten sind. Es kann sich dabei also nur um die beiden Fachangestellten für Bäderbetriebe und den Lehrling handeln. Weil 2016 der Lehrling noch nicht dabei war, nehme ich mal den 2016-er Betrag für die beiden Fachangestellten und runde auf 60.000 € auf. Das macht pro Nase 30.000 € Gehalt.
Ein Fachangestellter für Bäderbetriebe erhält ein maximales Bruttogehalt von 2.800 €/Monat, im Jahr etwa 34.000 €. Vergleicht man die 30.000 € mit dem Maximalgehalt, dann drängt sich der Verdacht auf, dass das gesamte Gehalt der Schwimmmeister dem Freibad zugerechnet wurde. Jetzt ist das Bad aber nur von Mai bis September geöffnet, den Rest ihres Angestelltendaseins verbringen die Schwimmmeister im Bauhof. Also dürfen auch nur 5/12 der Personalkosten dem Freibad zugerechnet werden. Anstatt 85.000 € also nur 35.000 €, und schwupp! haben wir schon 50.000 € Defizit weniger. Und da sind die Personalnebenkosten noch nicht eingerechnet!
Die 14.000 € Unterhalt Badeanlagen lasse ich mal so stehen, auch die 10.000 € Umsatzsteuer als Vorsteuer. 12.000 € innere Verrechnung werden wohl die Arbeiten des Bauhofs sein. 17.000 € Verwaltungskostenbeiträge, da wäre nachzufragen, wie sich die zusammensetzen. Zum Schluss kommen aber noch zwei Klopse.
Im Haushaltsplan sind 80.000 € Abschreibungen aufgeführt. Das ist kompletter Nonsens. Es gibt zwei Verfahren, mit dem der Haushalt geplant werden kann: Doppik und Kameralistik. Die Kameralistik ist durch eine Einnahmenüberschussrechnung gekennzeichnet, die Doppik ist eine doppelte Buchführung, vergleichbar mit der Buchhaltung in der Wirtschaft. Die Kameralistik entspricht den Anforderungen einer modernen Verwaltung heute nicht mehr, Burgkunstadt hält aber daran fest. Die Berücksichtigung von Abschreibungen macht aber nur bei doppischer Planung Sinn.
Und dann ist da noch die Verzinsung des Anlagekapitals mit 65.000 €. Es handelt sich dabei um die Zinsen, die man erhalten hätte, wenn man das Bad nicht gebaut und stattdessen das Geld auf die Bank gebracht hätte. Abgesehen davon, dass man bei einem Zinssatz von 0 % keine 65.000 € Zinsen bekommen kann, egal wie viel Geld man anlegt, wirken sich kalkulatorische Zinsen nicht auf den Jahresabschluss bzw. auf die Gewinn- und Verlustrechnung aus, sie haben hier also auch nichts zu suchen.
Rechnet man die anteiligen Personalkosten, die Abschreibungen und die Zinsen heraus, spart das Freibad schon 195.000 € und das Defizit beträgt nur noch 226.000 €. Auch das ist noch viel; es wäre daher eine schöne Aufgabe für die Verwaltung, nach Einsparungsmaßnahmen zu suchen. Notfalls kann man auch mal in anderen Gemeinden nachfragen, wie die das mit ihren Freibädern machen.
Es wäre auch eine schöne Aufgabe für den Stadtrat, die Arbeit, die ich mir gemacht habe, mal selbst zu machen, und nicht nur den Haushaltsplan abzunicken. Schließlich bekommen die Räte das Sitzungsgeld nicht nur für's Sitzen.
Ergänzung vom 15.05.2018:
Heute hat mich ein Stadtrat darauf hingewiesen,
dass Abschreibungen und Verzinsungen des Anlagekapitals in der Kalkulation zu berücksichtigen sind. Ich habe daraufhin noch einmal im Internet
recherchiert und bin auf eine Veröffentlichung der Hanns-Seidel-Stiftung
gestoßen: Grundlagen kommunaler Haushaltsführung.
Es stimmt, dass man beide Positionen bei Einrichtungen, die aus
Entgelten finanziert werden, als kalkulatorische Werte berücksichtigen
muss. Allerdings gibt es für Bäder, Büchereien und Theater Erleichterungen: Für sie kann auf kalkulatorische Kosten verzichtet werden (Grundlagen kommunaler Haushaltsführung, Seite 98).
Hallo Herr Weickert. Ich finde diese Aufstellung super, transparent und nachvollziehbar. Erschreckt hat mich aber, dass diese Aufstellung von einem Bürger kommt und nicht vom Rathaus. Denn diese Punkte (Bademeister ganzjährig Kostenstelle Freibad) sind dem Bürger gegenüber schon eine Frechheit. Danke dass sie sich die Arbeit gemacht haben - die Mann von einem Stadtrat erwarten würde.
AntwortenLöschenVielen Dank für Ihr Lob!
LöschenDas ist für mich nichts neues. Seit Jahren werden die Zahlen hin und her geschoben und zugeteilt wie man es braucht. Setzen sie doch bitte diese Zahlen einmal in die Presse, damit es alle Bürger lesen können.
AntwortenLöschenIch beschränke mich bei meinen Veröffentlichungen auf das Internet. Jeder, den mein Blog interessiert, findet ihn, wenn er bei Google "Bernd" und "Burgkunstadt" eingibt.
LöschenWäre doch ein Fall für den Bürgerverein...
AntwortenLöschenEs ist Aufgabe des gesamten Stadtrats, den Haushaltsplan zu beraten und zu beschließen, einschließlich des Bürgervereins. Insbesondere wäre es Aufgabe des Haupt- und Finanzausschusses, sich um die Finanzen der Stadt zu kümmern. Darin sind alle vier Parteien und Gruppierungen des Stadtrats vertreten.
LöschenMan kann über die Gründe spekulieren, warum niemand im Finanzausschuss den Haushaltsplan analysiert: keine Zeit, keine Lust, kein Verständnis. Dann ist man aber im Finanzauschuss fehl am Platz.
Aber vielleicht ist es auch ganz anders. Vielleicht haben sich alle intensiv im Finanzausschuss mit dem Haushalt beschäftigt. Wir haben es nur nicht erfahren, weil die Sitzungen geheim waren.