In ihrem Jahresrückblick ermahnte die burgkunstadter Bürgermeisterin Christine Frieß laut Obermain-Tagblatt die Stadträte, auf "Profilierungsgehabe" möglichst zu verzichten. Leider konnte man dem Artikel nicht entnehmen, was sie unter Profilierungsgehabe versteht. Der Duden versteht unter Profilierung "Entwicklung der Fähigkeiten [für einen bestimmten Aufgabenbereich]". Das ist doch dann etwas Gutes, wenn sich der Stadtrat profiliert.
Gehabe definiert der Duden als "geziertes, unnatürliches Benehmen". Vermutlich meinte die Bürgermeisterin mit Profilierungsgehabe die Redebeiträge einiger neuer Stadträte. Sachliche Kritik ist richtig und wichtig; die Redebeiträge neuer unerfahrener Stadträte als Profilierungsgehabe abzutun, noch dazu in einem Jahresrückblick, ist für eine Bürgermeisterin unangemessen. Im gleichen Atemzug forderte Frieß ja auch, die Meinung anderer zu respektieren. Oder muss man nur die Meinung der CSU respektieren?
Wenn sich manche Sitzungen laut Frieß zum "Possenspiel" entwickelt hätten, liegt das auch an der Sitzungsleitung. Dafür ist die Bürgermeisterin zuständig. Zur Leitung einer Sitzung gehört wesentlich die Moderation. Ein guter Moderator ist in seiner Rolle neutral, er bevorzugt oder benachteiligt keinen Sitzungsteilnehmer. Der Moderator hat natürlich auch eine eigene Meinung, die er in seiner Rolle als Sitzungsteilnehmer äußern kann.
Zweite Bürgermeisterin Sabine Heppner monierte "nicht enden wollende Sitzungen, schier endlose Fragen". Wenn die Hälfte der Stadträte neu ist, treten nun mal mehr Fragen auf. Vielleicht haben die alten Stadträte auch einfach vieles nur abgenickt, ohne sich große Gedanken zu machen. Es kann auch sein, dass etablierte Parteien ihre Ratsmitglieder besser im Griff haben; das meine ich im durchaus negativen Sinn: Die Unsitte des Fraktionszwangs setzt sich anscheinend vom Bundestag über die Länderparlamente bis in die Gemeinderäte fort.
Man kann Tagesordnungspunkte vertagen, wenn es sich abzeichnet, dass eine Sitzung länger dauert als geplant. Zu einer guten Sitzung gehört eine gute Vorbereitung durch die Verwaltung. Wenn die Stadträte rechtzeitig mit allen erforderlichen Unterlagen für die Sitzung versorgt werden, Fragen schon im Vorfeld der Sitzung beantwortet werden und die Stadträte damit gut vorbereitet zur Sitzung kommen, geht alles viel schneller. Und anschließend ist auch noch genügend Zeit für den Dämmerschoppen.
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