Die altenkunstadter Bürgerinitiative Mobilfunk verbreitet wieder ihre Verschwörungstheorien zu den Gesundheitsgefahren des Mobilfunks. Diesmal hat die Initiative einen halbseitigen Redaktionsbericht im ObermainTagblatt spendiert bekommen. Es wird doch nicht ein Mitglied der Bürgerinitiative in der Redaktion arbeiten?
Jeder kann sich auf den Seiten des Bundesamtes für Strahlenschutz über die Wirkungen der Mobilfunkstrahlung informieren. Biologische Wirkungen sind erst bei -zigfach höheren Strahlungswerten als die Grenzwerte erlauben feststellbar.Ich zitiere aus der Web-Seite: "Gesundheitliche Beeinträchtigungen infolge nicht-thermischer Wirkungen im Bereich niedriger Intensitäten hochfrequenter Felder konnten allerdings bisher wissenschaftlich nicht belegt werden." Thermische Wirkungen treten überhaupt nicht auf. Auf der Seite ist auch ein Link zum Abschlussbericht des Deutschen Mobilfunkforschungsprogramms.
Im OT-Artikel steht: "Bisher weisen Studien schon gesundheitliche Schädigungen bis hin zu möglichen Krebserkrankungen nach. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) habe daher 2011 die Wirkung von Mobilfunkstrahlung als möglicherweise krebserregend (Stufe 2 B) eingestuft."
Richtig ist, dass es keine einzige seriöse wissenschaftliche Studie gibt, die nachweist, dass Mobilfunkstrahlung krebserregend ist. Richtig ist auch, dass die WHO die Mobilfunkstrahlung als möglicherweise krebserregend (Stufe 2 B) eingestuft hat. Um die Gefahr abzuschätzen, muss man wissen, wie die WHO - genauer die IARC (International Agency for Research on Cancer) - die Krebsgefahr einteilt:
Gruppe 1: für Menschen krebserregend
Gruppe 2A: wahrscheinlich krebserregend
Gruppe 2B: möglicherweise krebserregend
Gruppe 3: nicht als krebserregend klassifizierbar
Gruppe 4: wahrscheinlich nicht krebserregend.
Es gibt also nichts, wovon man sagen könnte, dass es sicher nicht krebserregend ist, es gibt bestenfalls die Aussage, dass etwas wahrscheinlich nicht krebserregend ist (Gruppe 4). Die IARC hat in Gruppe 2B u. a. Einwirkungen auf den menschlichen Körper eingeordnet, für die keine hinreichenden Anhaltspunkte für die krebserregende Wirkung vorhanden sind. Das möglicherweise krebserregend ist also so zu verstehen, dass es keinen Nachweis für die krebserregende Wirkung gibt.
Die Aussage, auf die sich die Bürgerinitiative beruft, steht im Fact Sheet Nr. 193 der WHO. Ich fasse daraus die zwei wesentlichen Absätze zusammen:
Die Auswertung von Daten aus 13 teilnehmenden Ländern zeigte keine Zunahme von Gehirntumoren bei Mobilfunknutzern, die mehr als 10 Jahre die Telefone nutzten. Bei den 10 % Nutzern, die die Telefone am intensivsten benutzten, gab es ein paar Hinweise auf ein erhöhtes Tumorrisiko. Allerdings konnte kein Trend zu höherem Tumorrisiko mit längerer Nutzungsdauer des Mobiltelefons festgestellt werden. Fehler und Voreingenommenheit lassen eine ursächliche Interpretation nicht zu. Wegen dieser wissenschaftlich nicht fundierten Hinweise auf ein möglicherweise erhöhtes Risiko wurde die Mobilfunkstrahlung in Gruppe 2B eingestuft.
Das Problem bei diesen Langzeitstudien liegt darin, dass Menschen befragt werden. Sie müssen sich daran erinnern, wie häufig und wie lange sie ihre Telefone genutzt haben. Darunter sind welche, die einen Gehirntumor bekommen haben und glauben, er sei vom Mobiltelefon hervorgerufen; sie schätzen daher (unbewusst) ihre Mobiltelefonnutzung höher ein.
Ich gehe davon aus, dass die Bürgerinitiative nach bestem Wissen und Gewissen agiert. Es handelt sich aber anscheinend um Leute, die wenig Ahnung von Technik und Physik haben und die keinerlei Erfahrung mit der Interpretation wissenschaftlicher Studien haben. Sie plappern einfach nur nach, was sie irgendwo gehört haben. Sie sollten sich zunächst Informationen aus seriösen Quellen besorgen und lernen, diese richtig einzuordnen, anstatt sich und andere mit eingebildeten Gefahren verrückt zu machen.
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