"Vor einer 'verantwortungslosen Verstrahlung der Bevölkerung' durch den Ausbau der neuen LTE-Technik zur Internetversorgung warnt die Bürgerinitiative Mobilfunkstandort Altenkunstadt (BI)", konnte man am Freitag im Obermain Tagblatt lesen. Dabei beruft sich die BI auf Umweltverbände und Ärzteappelle.
Die Geschichte lehrt, dass Ärzteappelle mit Vorsicht zu genießen sind, speziell auch, wenn es dabei um Technik geht. Als die ersten Eisenbahnen fuhren, warnten Ärzte vor der gesundheitsschädlichen Geschwindigkeit von ca. 30 km/h. Leider warnten sie nicht vor den viel realeren Gefahren, die von Kesselexplosionen und anderen Unfällen ausgehen konnten. Wir wissen heute alle, dass auch die hohen Geschwindigkeiten in Flugzeugen nicht gesundheitsschädlich ist.
Eine andere Gefahr, vor der Mediziner warnten, war die Masturbation. Die "Selbstbefleckung" sollte zur Gehirnerweichung (was immer das auch sei) und zu Rückenmarksschwund führen. Wie wir alle wissen, ist das nicht der Fall. Sogar bis weit ins 20. Jahrhundert wurde behauptet, Akne sei eine Folge der Masturbation.
Appelle sind kein Beweis. Wenn jemand die Existenz von irgend etwas behauptet - seien es Einhörner, das Ungeheuer von Loch Ness, andere Fabelwesen oder die Gefährlichkeit der Mobilfunkstrahlung -, dann ist er auch in der Beweispflicht. Das ist jedenfalls die wissenschaftliche Herangehensweise.
Leider ist es prinzipiell nicht möglich, die Nichtexistenz von etwas zu beweisen. Also: Niemand kann beweisen, dass es keine Einhörner gibt. Wenn jemand an Einhörner glauben will, kann er das gerne tun; es ist seine Privatsache. Er ist nicht zu wiederlegen, weil es ja doch irgendwo im Dschungel so ein Fabelwesen geben könnte, das leider bisher noch niemand gesehen hat.
Wenn aber jemand vor Mobilfunkstrahlung warnt, dann ist er verpflichtet, Beweise vorzulegen, anstatt Appelle und Warnungen. Hier geht es nicht um einen privaten Glauben, vielmehr ist die Bevölkerung betroffen. Liebe Leute vom BI: Welche Studie beweist die Schädlichkeit der Mobilfunkstrahlung?
Aber auch Studien müssen auf ihre Aussagekraft hin beurteilt werden. Wir erinnern uns doch alle an die gesunde Wirkung von Omega-3-Fettsäuren, die besonders in Fisch vorkommen. Ein Forscher kam vor 20 Jahren zu dem Schluss, weil er in einer Studie feststellte, dass Eskimos, die sich naturgemäß hauptsächlich von Fisch ernähren, kaum an Arterienverkalkung und Herzinfarkt verstarben.
Leider stellte sich erst kürzlich heraus, dass die Studie nur an wenigen Menschen durchgeführt wurde. Der größte Haken bei der Sache war, dass der Forscher seine Untersuchungen an einem kleinen grönländischen Krankenhaus machte. Das Problem war nur, dass die herzkranken und verkalkten Eskimos gar nicht in das Krankenhaus kamen, sondern in ihren Iglus starben. Fischfett ist genauso gesund oder ungesund wie anderes auch.
Die Pharmaindustrie hat aber die Geschichte von der gesunden Wirkung von Omega-3-Fettsäuren sofort aufgegriffen und mit den Fischölkapseln ein Milliardengeschäft gemacht. Ich unterstelle der BI nicht, dass sie mit der Angst ihrer Mitmenschen ein Geschäft machen will; verantwortungslos aber ist es allemal, unbegründete Ängste zu schüren.
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