Auf Seite 6 des Obermain-Tagblatts stand heute ein Leserbrief mit dem Titel "Hexenjagd, Phase drei". Verfasser ist Professor Dr. Jochen Jirmann. Ich schätze Jirmann als kompetenten Fachmann für Hochfrequenztechnik und Elektrotechnik allgemein. Er absolvierte ein ingenieurwissenschaftliches Studium. Daher hat mich sein Leserbrief etwas befremdet.
Der Leserbrief beginnt mit der Behauptung: "Wir leben in der DDR 2.0, die Klassenfeinde
sind nach den Dieselautos die SUVs, und unsere Medien verbreiten überwiegend nur politisch gewollte Informationen." Wir leben natürlich nicht in der DDR 2.0. Bei uns kann man sogar der Kanzlerin erzählen, dass sie Deutschland in eine Diktatur geführt habe, ohne dafür belangt zu werden. Die Presse ist bei uns die vierte Macht im Staat, die den Regierenden auf die Finger schaut. Der Unterschied zwischen den gleichgeschalteten Medien der DDR und unserer Medienvielfalt ist offenkundig. Niemand wird bestraft, wenn er ausländische Medien konsumiert. In der DDR gab es beispielsweise die Aktion "Blitz kontra NATO-Sender", um die Bürger auf Linie zu bringen.
Aber jetzt kommt Jirmann richtig in Fahrt: "Erst war es das Ozon, dann der Feinstaub und jetzt das Stickoxid, alles nur von den Dieselautos verursacht." Niemand hat behauptet, dass diese Schadstoffe nur von Dieselautos verursacht würden. Ozon bildet sich in bodennahen Schichten in Verbindung mit Stickoxiden unter dem Einfluss von UV-Licht. Allerdings stammen die Stickoxide zu etwa 60 % aus dem Verkehr. In Bayern verursacht der Straßenverkehr 24 % der Feinstäube direkt und noch einmal 19 % durch Aufwirbelung. Von den direkt erzeugten Feinstäuben stammen 22 % von Diesel-PKWs, ca. 35 % von Dieselnutzfahrzeugen. Niemandem werden diese Informationen vorenthalten.
Ob die Elektromobilität die Lösung aller unserer Probleme ist, bezweifle ich ebenso wie Jirmann. Man sollte die damit verbundenen Probleme nicht vernachlässigen und auch über Alternativen nachdenken, z. B. Wasserstoffantrieb, Gasmotor und saubere Diesel. Das Video von Professor Harald Lesch, das im Leserbrief angesprochen wird, ist etwas mit Vorsicht zu genießen. Lesch geht in seiner Beispielrechnung davon aus, dass alle Autos durch Elektroautos ersetzt werden und ein Viertel aller Deutschen ihre Autos abends gleichzeitig an eine Schnellladesäule anschließen, die am jetzigen Stromnetz hängt. Erstens werden nicht alle Autos mit Verbrennungsmotor schlagartig verschwinden, zweitens wird nicht ein Viertel gleichzeitig an der Schnellladesäule hängen und drittens wird das Stromnetz natürlich angepasst werden. Wenn wir allerdings weiterhin gegen Hochspannungsleitungen und Windräder protestieren, wird es nichts mit der Energie- und Mobilitätswende.
Jirmann echauffiert sich auch über die höherere KFZ-Steuer für Diesel-PKW. Bevor ich mein Auto gekauft habe, habe ich gerechnet, ob sich bei meiner Fahrleistung die Mehrkosten für die Anschaffung des Fahrzeugs und die Steuer rechnen. Ich bin zum Schluss gekommen, ein Diesel rechnet sich für mich nicht. Mit dem geringeren CO2-Ausstoß der Diesel-PKW im Vergleich zu Benzinern, mit dem die kleinere Mineralölsteuer für Diesel begründet wird, ist es anscheinend auch nicht mehr weit her.
Die CO2-Steuer gefällt Jirmann auch nicht. Er hat recht, wenn er sagt, dass es diese Steuer schon in Form anderer Steuern gibt. Das sind beispielsweise die Steuern auf Treibstoffe. Zudem gibt es verfassungsrechtliche Bedenken für eine CO2-Steuer. Trotzdem müssen wir die CO2-Erzeugung aus fossilen Energieträgern stark reduzieren. Die einfache Lösung wäre, Kohle, Gas, Heizöl und Treibstoffe höher zu besteuern. Vielleicht kommen wir tatsächlich erst bei einem Benzinpreis von 2,50 €/l zur Vernunft.
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