11. November 2016

Rechtsfragen sind Interpretationssachen

Die Spielothek in der Lichtenfelser Straße in Burgkunstadt soll erweitert werden. In der  Sitzung des Bauausschusses des Stadtrats Burgkunstadt hat Stadtrat Thomas Müller als einziger die richtige Frage gestellt: Wie wird der Bereich festgelegt, für den die überwiegende Nutzung (Wohnungen oder Gewerbe) festgelegt wird? Leider hat er darauf die falsche Antwort bekommen.

Laut geschäftsleitendem Beamten Sven Dietel muss man "das Mischgebiet in Einzelteilen beurteilen, und im vorderen Teil der Lichtenfelser Straße überwiegt gewerbliche Nutzung. Das ist keine Interpretationssache, sondern eine Rechtsfrage." (Obermain-Tagblatt)

Rechtsfragen sind sehr oft Interpretationssachen, weil in Gesetzen manchmal mit Begriffen operiert wird, die interpretiert werden müssen. Das machen die Gerichte. Man redet dann von gängiger Rechtsprechung. Dieser gängigen Rechtsprechung schließen sich andere Gerichte in der Regel an.

Wenn kein Bebauungsplan vorliegt, wie im Fall der Lichtenfelser Straße, gilt Art. 34 BauGB (Baugesetzbuch). In Art. 1, Abs. 1 heißt es: " Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist."

Der Begriff nähere Umgebung ist Interpretationssache. Zu Recht wies Müller darauf hin, dass man den Gartenweg in die Beurteilung mit einbeziehen müsse. Die folgenden Zitate stammen von der Website Anwalt Herzig.

Die nähere Umgebung definiert das Hamburgische Oberverwaltungsgericht so: "In der Regel erstreckt sich die gegenseitige Ausstrahlungswirkung auf den räumlichen Bereich, der vom betroffenen Baugrundstück aus wahrgenommen werden kann und über den das Vorhaben, wenn es verwirklicht ist, wahrnehmbar ist." Der Gartenweg ist sehr gut vom betroffenen Grundstück aus wahrnehmbar.

Zur Umgebungsbebauung urteilte das Bundesverwaltungsgericht: "Bei der Bestimmung des sich aus der vorhandenen Bebauung ergebenden Maßstabes ist grundsätzlich alles in den Blick zu nehmen, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist. Nicht jegliche vorhandene Bebauung in der näheren Umgebung bestimmt jedoch ihren Charakter. Vielmehr muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden. Es muss alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint." Das Baur-Hochhaus empfand ich schon immer als Fremdkörper.

Ob sich die Verwaltung die Mühe gemacht hat, die gewerbliche Nutzung im Verhältnis zur Wohnraumnutzung detailiert entsprechend der gängigen Rechtsprechung zu berechnen, weiß ich nicht. Aber anscheinend wurde der Gartenweg nicht mit einbezogen.

Was die Bemerkung von Stadtrat Günther Knorr „Wir sollten außerdem nicht jeden aus der Stadt vertreiben“ in diesem Zusammenhang soll, weiß wahrscheinlich nur er allein. Wer wurde denn aus der Stadt vertrieben?

10. November 2016

Anstatt eines Haushaltsplans - Ausreden und Entschuldigungen

Stadtrat und Verwaltung der Stadt Burgkunstadt dilettieren (nicht zu verwechseln mit brillieren) wieder einmal bei der Erstellung des Haushaltsplans für das kommende Jahr. Oder wie soll man sonst den Bericht im Obermain-Tagblatt über die letzte Stadtratssitzung interpretieren?

Stadtrat Thomas Müller wies auf die eindeutige Gesetzteslage hin. Bis zum 30. November des jeweiligen Vorjahres muss der Haushaltsplan dem Landratsamt vorgelegt werden. Das steht so in der Bayerischen Gemeindeordnung. Der geschäftsleitende Beamte Sven Dietel argumentierte: "Das funktioniert so nicht, das Gesetz ist nicht mehr zeitgemäß." Wie bitte? Ein leitender Beamter glaubt, weil er ein Gesetz für nicht mehr zeitgemäß hält, dass er sich nicht daran halten müsse?

Ich halte auch viele Verordnungen und Gesetze für nicht mehr zeitgemäß. Beispielsweise die Sache mit der Straßenreinigung oder die Räum- und Streupflicht. Wozu gibt es denn Straßenkehrmaschinen und Schneepflüge?

Dietels Aussage ist in dreierlei Hinsicht falsch: In anderen Gemeinden funktioniert es so. Es gibt sehr wohl Gemeinden, die ihren Haushalt vor Beginn des neuen Haushaltsjahres erstellen. Die Stadt München wird am 14. Dezember ihren Haushalt beschließen. Das Gesetz ist natürlich zeitgemäß. Jede Planung ist in die Zukunft gerichtet. Daran hat sich seit dem Bau der Pyramiden im alten Ägypten nichts geändert. Ebenso wichtig ist der Abgleich der Planung mit den tatsächlich eintretenden Ereignissen. Und zu meinen, dass man sich nicht an Gesetze halten müsse, weil man glaubt, sie seien nicht mehr zeitgemäß, ist wohl das Letzte, was man von einem Beamten erwarten sollte, der einen Eid auf das Grundgesetz abgelegt hat.

Wenn die Fachabteilungen ihre Bedarfsplanungen immer noch nicht vorgelegt haben, ist das keine Entschuldigung, sondern eine elende Schlamperei. Bei den meisten Haushaltsposten müssen sie sowieso nur die Ist-Zahlen vom Vorjahr übernehmen. Das ist nicht von außen beeinflusst, wie Dietel meinte. Ob der Bleistift für 15 Cent oder für 17 Cent eingekauft wird, ist nicht haushaltsentscheidend.

Und dann noch die gesammelten Entschuldigungen der Stadträte Günther Knorr und Wolfgang Sievert: Die Kreisumlage sei letztes Jahr erst im März bekannt gegeben worden. Und dennoch konnte der Stadtrat den Haushaltsplan 2016 schon im Februar verabschieden. Damals ging das. Man könne Termine nicht für etwas festlegen, das man nicht steuern könne. Das stimmt. Aber man kann die Erstellung des Haushaltsplans steuern und dafür Termine festlegen!

Die Kämmerin Heike Eber beklagte wieder ihr Elend: Sie brauche den Jahresabschluss für den Haushalt. Und wenn dann jemand krank würde, der Zahlen liefern müsse. '„Mir kann man viel vorwerfen, aber nicht, dass ich langsam bin“, meinte Kämmerin Heike Eber.' Da stellen sich dem aufmerksamen Leser die Haare zu Berge und einige Fragen: Warum hat sie den Jahresabschluss nicht gemacht, wenn sie ihn für den Haushaltsplan braucht? Ist tatsächlich jemand krank geworden, der Zahlen liefern musste? Kann die Zahlen nicht ein Kollege liefern? Wer hat ihr vorgeworfen, dass sie langsam sei?

Und über allem steht die Frage aller Fragen:  

Warum können andere Verwaltungen rechtzeitig ihren Haushaltsplan erstellen,
Burgkunstadt aber nicht?