Bürgermeisterin Christine Frieß ist mal wieder furchtbar böse auf den Bürgerverein. Grund dafür ist der Antrag des Bürgervereins zur Einbindung des Stadtrats in Grundstücksgeschäfte. Ihrem Zorn ließ sie heute in einer Stellungnahme im Obermain Tagblatt (Seite 12) freien Lauf. Dabei vergaß sie leider, den Adressaten ihrer Tirade zu benennen, aus dem Zusammenhang kann man jedoch schließen, dass sie damit wohl die Fraktion des Bürgervereins meinte.
Frieß behauptet weiterhin, der Verkauf der Schuhfabrik Büttner an einen Investor sei allein aus persönlichen Gründen gescheitert, nicht auch an einer strittigen Vertragsklausel: "Auch heute möchte ich nochmals betonen, dass der Stadtverwaltung und mir als Grund für das Scheitern dieses Vertrages ausschließlich ein persönlicher Grund mitgeteilt wurde." Dazu konnte man im Obermain Tagblatt vom 13. Mai auf Seite 12 unter der Überschrift "Aus für Burgkunstadter Kunst-Fabrik" eine Stellungnahme des Ehepaars Scheid lesen, warum sie vom Kauf zurückgetreten sind: "Als Auslöser für ihren Rückzieher nennt Lucia Scheid-Nam nicht nur 'private Gründe', sondern vor allem auch ein Rückkaufsrecht, das die Stadt im Notarvertrag festschreiben wollte."
Gehen wir mal davon aus, dass alle Beteiligten die Wahrheit sagen. Dann kann es nur sein, dass Käufer, Verkäufer und Notar nicht miteinander geredet und verhandelt, sondern sich nur gegenseitig etwas mitteilen haben lassen. Ich habe bisher zwei Grundstücksgeschäfte abgeschlossen. Ich habe dabei mit dem Käufer bzw. Verkäufer über strittige Klauseln gesprochen, anstatt mir etwas mitteilen zu lassen. Wenn Frieß ein bisschen mehr Eifer bei den Verkaufsverhandlungen gezeigt hätte, hätte man die Rückkkaufsklausel sicher im beiderseitigen Einvernehmen so umformulieren können, dass beide Parteien zufrieden hätten sein können. Für den Verkäufer ist der Rückkauf durch den Käufer zum Verkaufspreis ein Unding, wenn er schon bei Ausübung des Rückkaufsrechts das Gebäude teilweise saniert hat. So ließt sich jedenfalls die Rückkaufsklausel, die Frieß in ihrer Stellungnahme preisgegeben hat. Nur mal so nebenbei: Der Vertrag wurde doch sicher in nichtöffentlicher Sitzung besprochen. Wie kommt die Bürgermeisterin dazu, Informationen aus einer nichtöffentlichen Sitzung in der Presse breitzutreten? Gibt's da nicht eine Schweigepflicht?
Frieß rechtfertigt sich dann noch mit Verweis auf den Notar: "Ergänzend möchte ich hinzufügen, dass auch auf nochmaliger Nachfrage im Notariat bestätigt wurde, dass alle Vertragsklauseln einwandfrei waren." Natürlich waren die Vertragsklauseln einwandfrei. Die Vertragsparteien können vereinbaren, was sie wollen, solange es nicht gegen geltendes Recht verstößt. In Deutschland herrscht nämlich Vertragsfreiheit. Der Notar muss nur die Parteien auf die Konsequenzen des Vertrags hinweisen. Der Notar entscheidet auch nicht über den Kaufpreis, er beurkundet den Kauf nur und regelt die Kaufabwicklung. Genauso gut hätte im Vertrag stehen können, dass die Stadt beim Rückkauf die beim Käufer aufgelaufenen Kosten ersetzen muss. Das ist einfach Verhandlungssache. Zum Verhandeln gehört, dass man miteinander spricht und sich nicht nur etwas mitteilen lässt. Die frieß'schen Einlassungen nähren bei mir doch den Verdacht, dass sie nur wenig Ahnung von Geschäften hat.
Weder im Bericht des Obermain Tagblatts noch im Antrag des Bürgervereins steht, dass der Bürgerverein die Kompetenz und Erfahrung der Verwaltung in Zweifel zieht. Der einzige Abschnitt aus dem Antrag des Bürgervereins, aus dem man böswillig Zweifel des Bürgervereins an der Kompetenz der Verwaltung herauslesen könnte, ist dieser: "Im Rahmen der Aufklärung der Problematik wurde ersichtlich, dass dieser Fehler wahrscheinlich nicht entstanden wäre, wenn der Stadtrat die Möglichkeit gehabt hätte, den Entwurf rechtzeitig einzusehen. In allen Fraktionen gibt es nämlich Mandatsträger, die entweder aufgrund beruflicher Fachkenntnisse oder ihrer Erfahrung die Fähigkeit hätten, problematische Formulierungen zu erkennen. Hierauf sollte zum Nutzen der Stadt Burgkunstadt zurückgegriffen werden." Wenn man gegenüber einer Person einen Fehler nicht als Fehler bezeichnen und darauf hinweisen darf, dass Stadträte auch etwas wissen, scheint mir mit dieser Person etwas nicht zu stimmen.
Der Bürgerverein hatte ebenfalls beantragt, dass der Stadtrat künftig über die Ausübung von Vorkaufsrechten abstimmen solle. Dieses Ansinnen weist Frieß vehement von sich, weil ihr ja diese Aufgabe per Geschäftsordnung übertragen worden sei. Dabei hat die Verwaltung dazu in der Sitzungsvorlage den konstruktiven Vorschlag gemacht, die Geschäftsordnung zu ändern: "In diesem Falle müsste § 13 Abs. 2 Nr. 4d der Geschäftsordnung geändert werden, weil hiernach die Erteilung von Negativzeugnissen nach § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB in den Zuständigkeitsbereich der Ersten Bürgermeisterin fällt."
Auch bei der Wahrnehmung von Notarterminen bleibt Frieß trotzig. In ihrer Stellungnahme schreibt sie: "In Ausnahmefällen [...] werde ich solche Termine selbst wahrnehmen." Es wäre schön, wenn sie nur in Ausnahmefällen Notartermine nicht selbst wahrnehmen würde. Art. 38 Gemeindeordnung sagt: "Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform; das gilt nicht für ständig wiederkehrende Geschäfte des täglichen Lebens, die finanziell von unerheblicher Bedeutung sind. Die Erklärungen sind durch den ersten Bürgermeister oder seinen Stellvertreter unter Angabe der Amtsbezeichnung zu unterzeichnen. Sie können auf Grund einer den vorstehenden Erfordernissen entsprechenden Vollmacht auch von Gemeindebediensteten unterzeichnet werden." Erst kommt der Bürgermeister, dann der Stellvertreter und dann der Gemeindebedienstete mit Vollmacht. Natürlich ist so ein Notartermin lästig, wenn man lieber in seinem Chefsessel sitzt oder Spatenstiche ausführt. Allerdings haben Spatenstiche keine Auswirkung auf die Gemeinde, Grundstücksgeschäfte aber schon.
Andererseits behauptet Frieß, sie würde die Unterschriften selbst leisten. Grundstückskaufverträge werden aber in Anwesenheit aller Beteiligten beim Notar verlesen und beurkundet. Wikipedia sagt dazu: "Beurkundung bedeutet, dass die beteiligten Käufer und Verkäufer in einer Verhandlung vor dem Notar ihren zu beurkundenden Willen erklären (§ 8 BeurkG), der nach Belehrung durch den Notar in eine Niederschrift aufgenommen, vorgelesen, genehmigt und von den Beteiligten und dem Notar eigenhändig unterschrieben wird (§ 9, § 13 BeurkG)." Sollte es sein, dass die Bürgermeisterin gar nicht merkt, dass sie beim Notar Grundstücksgeschäfte unterzeichnet?
Anscheinend weiß Frieß auch nicht, was ein Vertreter ohne Vollmacht ist. Geschäftsabschlüsse ohne Vertretungsmacht können widerrufen werden (Art. 178 BGB). Sie sind schwebend unwirksam. Zudem haftet der Vertreter ohne Vertretungsmacht für das Geschäft (Art. 179 BGB).
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