Mit "Kunst bringt Farbe auf den Friedhof" überschrieb das Obermain-Tagblatt den Bericht über die letzte Stadtratssitzung. Eine Aufgabe der Kunst - der schönen Künste - ist es, Inhalte emotional zu transportieren, Emotionen zu wecken. Emotionen sind etwas Persönliches. Daher kann man über Kunst auch trefflich streiten. Kunst kann provozieren, kann spalten. Ein Beispiel dafür ist der verstorbene Joseph Beuys mit seinen Fettecken. Bekanntlich hat eine Fettecke in einer Badewanne bei einer Putzfrau eine Emotion zum Putzen geweckt.
Wie jemand seine Gräber künstlerisch gestaltet, ist mir wurscht. Jeder kann Kreuze, Buddhas oder sonst etwas aufstellen, wie er lustig ist. Ich habe sogar einmal das Grab eines anscheinend begeisterten Schafkopfspielers gesehen, auf dessen Stein die vier Ober abgebildet waren. Auch Regens Wagner soll ihre Gräber gestalten können, wie sie will. Allerdings kommt mir die künstlerische Interpretation sehr bemüht vor. Kunst, die sich nicht wenigstens teilweise dem Betrachter oder Hörer selbst erschließt, ist keine Kunst. Mir ist dazu die bekannte Hurz-Szene von Hape Kerkeling durch den Kopf gegangen.
Der Künstler Christian Degen verwendet einen besonderen braunen Stahl für seine Skulpturen. Künstlerisch wenig gebildete Leute wie ich sagen dazu einfach rostiger Stahl. In Burgkunstadt gibt es auch einen Künstler, der rostige Skulpturen baut. Die rostigen Wellen mit buntem Glas sollen das Rote Meer symbolisieren und den Durchzug der Israeliten durch dasselbe. Da wäre ich nie drauf gekommen. Irgendwo steht dann noch ein rotes Ding, das den brennenden Dornbusch symbolisieren soll.
Anscheinend haben der Künstler und der stellvertretende Leiter von Regens Wagner, Christian Behner, im Religionsunterricht nicht richtig aufgepasst. Beim Durchzug der Israeliten durch das Meer hat es sich geteilt. Die Skulptur stellt aber kein geteiltes Meer dar. Wahrscheinlich ist es das Meer, nachdem die Ägypter darin ertrunken sind. Gott hat die Israeliten durch eine Rauch- und Feuersäule beim Zug in das Gelobte Land geführt. Das mit dem brennenden Dornbusch war Moses, zu dem Gott daraus gesprochen hat.
Für Juden ist das Pessachfest, das an den Auszug aus Ägypten erinnert, das wichtigste Fest. Der Auszug aus Ägypten beendete die Knechtschaft Israels. Daher ist es für Juden ein Fest der Hoffnung. Ich gehe allerdings davon aus, dass die wenigsten Bewohner von Regens Wagner Juden sind. Für Christen hingegen sind Tod und Auferstehung Jesu Zeichen der Hoffnung und Befreiung aus der Knechtschaft der Sünde. Eine christliche Symbolik für die Gräber einer christlichen Einrichtung wäre eher angebracht.
Zum Schluss ließ Behner die Katze aus dem Sack: Für die Umgestaltung der Grabanlage hat Regens Wagner Fördermittel beantragt. Ein paar rostige Wellen mit buntem Glas aufstellen und schon gibt es Fördermittel, bezahlt aus Steuergeldern.
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