Ich freue mich, dass der burgkunstadter Stadtrat sich endlich dazu entschlossen hat, den Haushaltsplan für das nächste Jahr im November abzuliefern. Das ist so in der bayerischen Gemeindeordnung festgelegt. Es sollte eigentlich eine Selbsterverständlichkeit sein, dass Gemeinden die gesetzlichen Vorgaben einhalten.
Ein bisschen seltsam ist es, dass erst ein neugewählter Stadtrat darauf aufmerksam machen muss, dass es diese Vorgabe gibt. Gibt es in der Stadtverwaltung, also bei den Profis, niemand, der die bayerische Gemeindeordnung kennt? Hier ist der Link dazu.
Laut Obermain-Tagblatt bezeichnete es Stadtrat Hans Peter Marx als unsinnig, am Ende des Jahres einen Phantasiehaushalt für das kommende Jahr vorzulegen. Lieber Herr Marx, es soll natürlich kein Phantasiehaushalt vorgelegt werden, sondern alle für das kommende Haushaltsjahr voraussichtlich anfallenden Einnahmen und Ausgaben (siehe Art. 64 Abs. 1 GO) realistisch geplant werden. Pläne sind in die Zukunft gerichtet und werden daher immer von den tatsächlichen Ereignissen abweichen. Eine gute Planung zeichnet sich dadurch aus, dass sie selbst mit unsicheren Planzahlen eine geringe Abweichung von der Realität erzielt.
Großvater erzählt jetzt mal, wie er in der guten alten Zeit, als er noch in einem Industriebetrieb ein großes Budget verantwortete, geplant hat: Bis spätestens Mitte November musste dem Aufsichtsrat ein Budget für das kommende Geschäftsjahr vorgelegt werden. Die Planungen der einzelnen Abteilungen und Bereiche wurden vom Controlling zu einem Gesamtplan verdichtet. Das Budget entspricht dem Haushaltsplan einer Gemeinde. Relativ sicher konnten Personalkosten, Mieten, Energie geplant werden. Unsicher waren beispielsweise die Erlöse.
Weil Planungen unsicher sind, weil in die Zukunft gerichtet, muss man sie regelmäßig mit der Realität abgleichen. Das passierte durch die Erwartungsrechnung. Quartalsweise wurden daher die aktuellen Einnahmen und Ausgaben mit dem Budget verglichen und gegebenenfalls Anpassungen am Budget vorgenommen oder andere Maßnahmen ergriffen. Das entspricht dem Nachtragshaushalt einer Gemeinde. Eine gute Planung und Planverfolgung ist mindestens die halbe Miete für ein geordnetes Wirtschaften.
Das Argument der Bürgermeisterin Christine Frieß, dass in der Vergangenheit der Haushalt so spät vorgelegt wurde, weil (ich fasse in meinen Worten zusammen) alles so unsicher ist, ist ein Witz in Tüten. Ich wiederhole mich hier: Planungen fußen immer auf Annahmen. Zudem muss nicht dauernd nachgebessert werden (Aussage von Marx), sondern nur in regelmäßigen Abständen (z. B. quartalsweise). Die Verwaltung hat hoffentlich eine gute Software, sodass ein Soll-ist-Abgleich in ein, zwei Tagen erledigt ist.
Wenn der oberste Jurist im Landratsamt, Anton Fleischmann, kein Problem darin sieht, einen Haushalt erst Mitte des laufenden Haushaltsjahres zu verabschieden, zeigt das nur, dass ihm die Gemeindeordnung am Arsch vorbei geht. Von einem Juristen im öffentlichen Dienst erwarte ich eine besondere Treuepflicht gegenüber dem Staat und seinen Gesetzen. Wenn sich auch der Landkreis bemühen würde, gesetzliche Vorgaben einzuhalten, könnten auch die Gemeinden sicherer planen.
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