21. Mai 2019

Regiomed - ein Trauerspiel

Regiomed schreibt Defizite und Landrat Christian Meißner, Aufsichtsratmitglied bei Regiomed und letztes Jahr sogar noch Aufsichtsratsvorsitzender, ist davon überrascht. Das einzige Überraschende ist, dass er überrascht ist. Anscheinend nimmt er seine Aufgabe als Aufsichtsrat nicht ausreichend wahr.

Die Frage ist, ob der Verlust auf die Muttergesellschaft durchschlägt oder ob er von den einzelnen Konzerngesellschaften getragen wird. Wenn die Muttergesellschaft den Verlust trägt, ist das erwartete Defizit von ca. 4 Mio. € bei einer Bilanzsumme von ca. 14,5 Mio. € der Muttergesellschaft im Jahr 2017 kein Pappenstiel. Die Jahresabschlüsse bis 2017 stehen im Bundesanzeiger, dort habe ich die Zahlen abgerufen. Das Eigenkapital der Regiomed Muttergesellschaft betrug 2017 904.000 €. Mit dem Defizit 2018 wird das Eigenkapital negativ. Damit müsste Regiomed Insolvenz anmelden. Die Alternative ist, dass die Gesellschafter, also die beteiligten Kommunen, Geld nachschießen. Das meinte Meißner wohl, als er sich zuversichtlich zeigte, „dass wir das Regiomed-Schiff wieder auf Kurs bringen“.

Jetzt einigen Mitgliedern des Strategie- und Kontrollgremiums einen „Verfolgungseifer“ zu unterstellen, ist total daneben. Die Leute wollen einfach nur Lösungen finden, wie der Klinikverbund wieder aus den roten Zahlen kommt. Dem Aufsichtsrat, der sich von Gesellschafterseite aus Landräten, Kreisräten und Oberbürgermeistern zusammensetzt, mögen manche Lösungsvorschläge nicht ins politische Kalkül passen. Mein Vorschlag wäre, den Aufsichtsrat mit Leuten zu besetzen, die von Betriebswirtschaft etwas Ahnung haben, aber der trifft sicher nur auf taube Ohren.

Politisch war sicher auch die Entscheidung, die Zentralküche nicht zentral im Klinikverbund zu platzieren, sondern am südlichsten Zipfel in Lichtenfels. Die Küche kann nur defizitär betrieben werden. Die Speisen werden in Lichtenfels gekocht, heruntergekühlt, bis nach Hildburghausen und Sonneberg gekarrt und dann wieder erhitzt. Das ist weder ökonomisch noch ökologisch.

In der Aufsichtsratssitzung im Dezember 2018 strotzte das Germium noch vor Tatendrang. Zitat aus der Regiomed-Website: "Der Wirtschaftsplan 2019 sowie ein mittelfristiger Finanzplan werden weitere Maßnahmen zur Ergebnisverbesserung beinhalten und sollen in den nächsten Wochen valide erarbeitet und im März 2019 durch den Aufsichtsrat freigegeben werden." Von so viel Tatendrang war dann in der März-Sitzung des Aufsichtsrats nicht mehr die Rede: "Mit dem Aufschub der Wirtschaftsplanung um ein weiteres Quartal will der Aufsichtsrat der neuen Führungsebene die Möglichkeit geben, die Wirtschaftsplanung neu zu gestalten und die beschlossenen Maßnahmenpakete zu verankern."

Mit anderen Worten: Bisherige Geschäftsführung und Aufsichtsrat waren nicht willens und nicht fähig, bis März einen Wirtschaftsplan aufzustellen, obwohl das Unternehmen in einer schlimmen finanziellen Lage ist. Das ist eine Bankrotterklärung. Mir tun nur die Mitarbeiter leid, die unter so einer Führung arbeiten müssen.

Der Hauptgeschäftsführer Joachim Bovelet hat sich der Verantwortung rechtzeitig entzogen und im September 2019 die Fliege gemacht. Auch Thomas Hergt, der eigentlich interimsweise Regiomed mit führen sollte, seilte sich im März ab. Er will lieber wieder Bereichsleiter machen. Da ist es dann nur noch eine Nebensächlichkeit, dass dem Regiomed Klinikum Coburg mit sofortiger Wirkung die Krankenhausdirektorin abhanden gekommen ist. Irgendwie hat der Aufsichtsrat auch keine Ahnung von der Auswahl von gutem Führungspersonal.

Aktualisierung vom 22.05.2019:
Regiomed veröffentlicht einen Konzern- und einen Jahresabschluss. Meine Ausführungen beziehen sich auf den Jahresabschluss der Muttergesellschaft. Um das klar zu machen, habe ich die beiden ersten Absätze überarbeitet.