13. Januar 2017

Stadtratsmehrheit traut sich nicht, öffentlich zu diskutieren

Leider musste ich feststellen, dass der Burgkunstadter Stadtrat wieder mal eine kleine Nachhilfe in Sachen Kommunalrecht braucht. Anlass zu dieser Annahme gab mir der Bericht über die letzte Stadtratssitzung im Obermain-Tagblatt. Wichtigster Tagesordnungspunkt war wohl "Haushaltsplanung 2017 - Vorstellung der investiven Maßnahmen". Der Haushaltsplan ist bereits überfällig. Die eifrigen Stadträte hatten aber keine Lust, darüber öffentlich zu diskutieren:

"'Es sind Punkte dabei, die erst ordentlich vorbesprochen werden sollten', meinte Fraktionsvorsitzender Wolfgang Sievert. 'Es lässt sich freier diskutieren, dafür sind die Ausschüsse da', bestätigte Günter Knorr (CSU). 'Dann werden die Punkte in der öffentlichen Sitzung behandelt. Das schließt Bürgertransparenz nicht aus', sagte Ingrid Kohles (FW) ergänzend. Das Gremium stimmte dem Antrag bei vier Gegenstimmen aus dem Bürgerverein zu."

Liebe Stadträte, Gemeinderatssitzungen sind grundsätzlich öffentlich (Art. 52 Gemeindeordnung). Es hilft auch nichts, den Haushalt im Finanzausschuss zu diskutieren und in der Sitzung, in der der Haushalt beschlossen wird, alle Diskussion zu unterdrücken, mit dem Hinweis, das sei ja alles schon ausführlich im Ausschuss besprochen worden. Die Bürger haben das Recht, die Beschlussfassung anhand einer öffentlichen Debatte nachvollziehen zu können.

Das Manöver der Stadtratsmehrheit war zu offensichtlich. Sie hat keinen Arsch in der Hose, um wichtige Themen in öffentlicher Sitzung zu diskutieren. Es könnte ja vielleicht jemand bei der nächsten Wahl böse sein. Die Ausschüsse sind nicht für freiere Diskussion da, sondern nur zur Vorberatung, nicht zur Beratung (Art. 32 Gemeindeordnung). Wozu sitzen Leute im Stadtrat, die nicht soviel Rückgrat haben, in der Öffentlichkeit zu ihrer Meinung zu stehen? Ich bedauere zutiefst, einige davon gewählt zu haben.

Was es bedeutet, keinen Haushaltsplan zu haben, konnte man an den Beschlüssen zur Ausschreibung Leite und Sanierung des Kirchplatzes in Mainroth sehen: Jeder dieser Beschlüsse muss einzeln vom Landratsamt genehmigt werden. Das bedeutet zusätzlichen Verwaltungsaufwand, der Stadtrat hat sich selbst entmündigt.

1. Januar 2017

CSU entdeckt ihr Herz für Behinderte

Die CSU hat die Behinderten für sich entdeckt, genauer die bahnfahrenden gehbehinderten Burgkunstadter. Daher besichtigte die Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner den Burgkunstadter Bahnhof. Woher dieses plötzliche Engagement? Hat sich die Situation am Bahnhof für Gehbehinderte in der 150-jährigen Geschichte des Bahnhofs in der jüngsten Vergangenheit entscheidend verschlechtert? Nein - aber da war doch noch was. Ach ja, es ist wieder einmal Wahljahr.

Und damit das Engagement der CSU auch werbewirksam ins Bild gesetzt werden konnte, musste extra eine Rollstuhlfahrerin aus Baunach anreisen und den Bahnsteig testen. Vermutlich ist die Testerin mit dem Auto angereist. In Burgkunstadt gibt es eine große Behinderteneinrichtung mit vielen Gehbehinderten und Fachpersonal für deren Betreuung. Es wäre aber sicher zu einfach gewesen, einmal die Fachleute von Regens Wagner zu fragen, welche Probleme es mit dem Bahnhof für Behinderte gibt.

Nachdem der Burgkunstadter Behinderte weder auf ein gut ausgebautes U-Bahnnetz noch auf Niederflurbusse, die im 20-Minuten-Takt fahren, zurückgreifen kann, um zum Bahnhof zu gelangen, und der Fußweg von der Oberen Stadt zum Bahnhof für einen Rollstuhlfahrer doch etwas mühsam ist, ist er entweder auf ein Auto oder eine rüstige Begleitperson angewiesen. Wenn er ein Auto hat, wird er in unserer Nahverkehrswüste den Umstieg auf die Bahn in Burgkunstadt vermeiden. Wenn er zu Fuß begleitet wird, wird ihm die Begleitperson auch am südlichen Bahnsteig behilflich sein. Für das Einsteigen in die Züge selbst gibt es Einstiegshilfen. Es ist nämlich nicht mit einer erhöhten Bahnsteigkante getan, weil in vielen Zügen der Einstieg nur über Treppen möglich ist.

Ein Blindenleitsystem mag in großen Bahnhöfen sinnvoll und notwendig sein, am Hauptbahnhof Burgkunstadt ist es überflüssig. Als ich noch öfter früh mit der Bahn gefahren bin, konnte ich oft einen Blinden beobachten, der selbstständig mit der Bahn nach Lichtenfels zur Arbeit gefahren ist. Er ging zielsicher mit seinem Blindenstock zum Bahnsteig Gleis 1 und fand auch zielsicher den Einstieg in den Zug. Zudem gibt es in Burgkunstadt viele freundliche Menschen, die Behinderten behilflich sind, sogar Zugschaffner.

Im Rahmen einer Sanierung des Burgkunstadter Bahnhofs ist natürlich eine Erhöhung der Bahnsteigkante sinnvoll. Aus der Bahnsteigkante aber ein großartiges Engagement für Behinderte abzuleiten, das fällt nur einem zweitklassigen Provinzpolitiker ein.